AKW Stade

Name: KKS – Kernkraftwerk Stade

Art der Anlage: Atomkraftwerk

Status der Anlage: im Rückbau

Bundesland: Niedersachsen

Betreiber: PreussenElektra GmbH

Foto: Marianne Neugebauer

Anlage

 

Name der Anlage:

KKS – Kernkraftwerk Stade

Bundesland

Niedersachsen

Betreiber:

PreussenElektra GmbH, vormals E.ON

Gesellschafter:

PreussenElektra GmbH (66,7 %), Vattenfall Europe Nuclear Energy GmbH (33,3 %)

MitarbeiterInnen:

41  [1]

Reaktortyp:

Druckwasserreaktor, 1. Generation

Leistung, elektrisch:

672 MW brutto, 640 MW netto

Baubeginn:

01.12.1967

Netzsynchronisation:

29.01.1972

Leistungsbetrieb:

Kommerzieller Leistungsbetrieb ab 19.05.1972

Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde:

Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz Niedersachsen (NMU)

Besondere Gefahren:

Versprödung des Reaktordruckbehälters

Fortschreitende Wanddickenschwächungen im Dampferzeuger

Risiken bei der Notstrom- und Notspeisewasserversorgung

Keine Auslegung vor Flugzeugabstürze, Militärflugzeuge nutzten das AKW für Zielanflüge [2]

Klage:

1986: Klage vor dem OVG Lüneburg auf Aufhebung der Betriebsgenehmigung wegen fortgeschrittener Versprödung des Reaktordruckbehälters [3]

1991: Vor dem OVG einigten sich Land und Kläger, dass die Klage zurückgezogen wird und das Land die vom Betreiber inzwischen vorgelegten Unterlagen erst auswerten müsse. Dem Verlangen des Betreibers, dass die Klage vor dem OVG verhandelt werden muss, folgte das Gericht nicht. [4]

Meldepflichtige Ereignisse:

317 (Stand 31.07.2022) [5]

Stilllegung

 

Außerbetriebnahme:

14.11.2003 (laut Betreiber aus wirtschaftlichen Gründen) Das AKW Stade hätte nach dem damaligen Atomgesetz ein Jahr später vom Netz genommen werden müssen. [6]

Strommengenübertragung vom AKW Stade:

11.05.2020: 4.785,53 GWh auf das AKW Biblis A. [7]

RWE hat E.ON dafür einen dreistelligen Millionenbetrag gezahlt. [8]

Anträge:

Der Stilllegungsantrag wurde bereits am 23.07.2001 gestellt. [9]

Genehmigungen: [9]

11.11.2003: Erörterungstermin zum Rückbau

07.09.2005 Genehmigung Stilllegung und Abbau Phase 1: Abbau von für den Restbetrieb der Anlage nicht mehr benötigten Anlagenteilen, Vorbereitung weiterer Abbauschritte, Schaffung nötiger Infrastruktur

15.02.2006 Genehmigung Abbau Phase 2: Abbau der Großkomponenten im Reaktor-Sicherheitsbehälter

07.03.2008: Genehmigung zur Konditionierung und zeitlich befristeten Lagerung von radioaktiven Abfällen aus dem AKW Würgassen

14.05.2008 Genehmigung Abbau Phase 3, Teil A: Abbau des Deckels des Reaktordruckbehälters, der Kerneinbauten, des Biologischen Schildes sowie anderer Systeme und Komponenten

14.05.2009: Genehmigung Abbau Phase 3, Teil B: Abbau des Reaktordruckbehälters

02.07.2010 Ergebnis Vorprüfung Umweltverträglichkeitsprüfung zu Phase 4: nicht erforderlich

04.02.2011 Genehmigung Abbau Phase 4: Abbau der restlichen kontaminierten Anlagenteile, Nachweis der Kontaminationsfreiheit, Entlassung aus der atomrechtlichen Überwachung.

Rückbau:

Auftragnehmer für den Rückbau: Siempelkamp NIS-Ingenieurgesellschaft mbH [10]

Laut E.ON geplant bis 2015. Kontaminiertes Wasser im Betonsockel verzögert den Rückbau. Laut Preusssenelektra GmbH soll der Rückbau inklusive der Abbruch der Gebäude nun 2026 beendet werden. [1]

Kosten:

E.ON rechnete ursprünglich mit Rückbaukosten von ca. 500 Mio. €, inzwischen mit ca. 1 Mrd. €. [11]

Meldepflichtige Ereignisse während des Rückbaus:

 

  • 13.11.2007: Austritt radioaktiven Materials beim Transport eines Ventilgehäuses, Kontamination in einzelnen Raumbereichen innerhalb des Kontrollbereiches
  • 23.11.2007: Tropfleckage an einer Chemikaliendosierleitung
  • 29.05.2008: Riss zwischen zwei Schläuchen, Kontamination innerhalb des abgegrenzten Arbeitsbereiches [12]

Radioaktives Wasser im Betonsockel:

28.01.2014: Messung von radioaktiv kontaminiertem Wasser im Betonsockel. Der Vorfall blieb einige Zeit von der Öffentlichkeit unbemerkt, da es sich um kein meldepflichtiges Ereignis handelte. Als Ursache werden Leckagen im Primärwasserkreislauf während des AKW-Betriebes vermutet. [13] Bereits 1987 hatte ein Gutachten der Gruppe Ökologie auf die unerwartet starke Versprödung der Schweißnähte am Reaktordruckbehälter (RDB) hingewiesen. [14] Die Grünen im Landtag eine Untersuchung des RDB beim Bundesamt für Materialprüfung. E.ON weigerte sich und ließ den RDB zerlegen. [15]

Abfälle

 

Brennelemente:

Insgesamt sind 539 t SM angefallen [16]

Rückbauabfälle:

Rund 132.000 t Abfälle aus dem nuklearen Teil

  • rund 116.000 t Gebäudemassen zum Abriss,
  • rund 4.500 t, die in KONRAD endgelagert werden müssen,
  • rund 3.800 t, die durch Rezyklierung wiederverwendet werden können
  • rund 4.100 t, die zweckgerichtet freigegeben werden können (Deponierung oder thermische Verwertung),
  • rund 3.600 t, die uneingeschränkt freigegeben werden können [17]

Dampferzeuger:

21.09.2007: Abtransport von vier radioaktiven Dampferzeugern per Schiff nach Nyköping in Schweden zur Vattenfall-Tochter Studsvik AB zur Dekontamination, Zerlegung und Einschmelzung; jeder wiegt ca. 160 t.

Etwa 100 Tonnen leicht- und mittelradioaktives Material werden in das LarA Stade gebracht. Der Rest geht in den Stahlmarkt. [18]

Reaktordruckbehälter:

11.10.2010: Zerlegung vor Ort durch die AREVA NP abgeschlossen. Der Abfall wurde in 10 Konrad-Container und 158 MOSAIK® verpackt und im LarA Stade zwischengelagert. [19]

Vermischung der Abfälle:

Das Radioaktivitätsinventar einiger Behälter mit Abfällen aus dem Reaktordruckbehälter ist so hoch, dass diese bei einer Einlagerung in Schacht KONRAD mit anderen Abfällen vermischt werden müssen. 2026 soll die Aktivität so weit abgeklungen sein, dass dafür die Abfälle aus Stade für die Vermischung ausreichen und keine zusätzlichen gebraucht werden.

Konditionierung von Müll aus Würgassen:

07.03.2008: Genehmigung zur Konditionierung und befristeten Lagerung von Abfällen aus dem AKW Würgassen, da die Konditionierungseinrichtung in Würgassen demontiert wurde. Behandlung des Verdampferkonzentrats aus dem AKW Würgassen in der mobilen Trocknungsanlage FAVORIT IV der GNS in Stade. Die konditionierten Abfälle wurden in das Fasslager Gorleben verbracht.

Die Genehmigung wurde ohne Umweltverträglichkeitsprüfung erteilt. Sie war begrenzt auf max. 3 x 1012 Bq und befristet bis 31.12.2012. [20]

Externes Lager für radioaktive Abfälle:

01.08.2007: Inbetriebnahme des Lagers für radioaktive Abfälle LarA Stade, nach Umbenennung durch die BGZ: Abfall-Zwischenlager Stade (AZS)

Verbringung von Abfällen:

  1. Wiederaufarbeitung: Alle 1.1517 Brennelemente mit 539 t SM
    ca. 19 t SM zur WAK Karlsruhe [21]
    ca. 520 t SM nach La Hague [13]
  2. ASSE II: 1.399 Gebinde [22]
  3. Morsleben: 493 m³ [23]
  4. Fasslager Gorleben: (Stand 06.09.2021) [24]
  • MOSAIK Gussbehälter Typ II: 60
  • Container Typ IV: 3
  • Container Typ V: 43

31.10.1984: Rücktransport eines Fasses wegen zu hoher Strahlung. Die Überschreitung der Grenzwerte war erst drei Wochen nach der Einlagerung entdeckt worden.

Das Fasslager Gorleben wurde am 08.10.1984 in Betrieb genommen, da am AKW Stade ein akuter Entsorgungsbedarf bestand. [25]

  1. Abfall-Zwischenlager Ahaus: (Stand 06.09.2021) [24]
  • Container Typ V: 8
  1. Deponie Hillern: freigemessener Bauschutt. Die Deponierung wurde nach Bürgerprotesten aufgegeben. [26]
  2. Deponie Cröbern: freigemessener Bauschutt: laut Vereinbarung 1000 t in 2015.
  3. Deponie Grumbach: freigemessener Bauschutt: laut Vereinbarung 2000 t 2014-2015.
  4. Deponie Wetro: freigemessener Bauschutt: laut Vereinbarung 3000 t 2015-2017,
    sowie 1500 t 2017-2022 [27]
Der Betreiber der Deponien Grumbach und Wetro hatten 2015 ebenfalls nach Anwohnerprotesten erklärt, nur noch die bestehenden Vereinbarungen zu erfüllen und keinen weiteren radioaktiven Bauschutt aufzunehmen. Wetro hatte diese Ankündigung jedoch nicht umgesetzt. [28]

Transporte

 

zur Anlage

Extern konditionierte schwach- und mittelradioaktive Abfälle

von der Anlage:

Radioaktive Rohabfälle, konditionierte radioaktive Abfälle, Großkomponenten

Gleisanschluss:

Vorhanden

Adressen:

 

Betreiber:

Kernkraftwerk Stade GmbH & Co ohG, Schöne Aussicht 14, 22085 Hamburg

PreussenElektra GmbH, Tresckowstraße 5, 30457 Hannover, Tel.: 0511 / 439-03, Fax: 0511 / 439-2375, www.eon.com

Behörden:

Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz (NMU), Archivstraße 2, 30169 Hannover, Tel.: 0511 / 120-0, poststelle(at)mu.niedersachsen.de, www.umwelt.niedersachsen.de

Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN), Am Sportplatz 23, 26506 Norden, 04931 / 947-0, pressestelle(at)nlwkn-dir.niedersachsen.de, www.nlwkn.niedersachsen.de

Quellen:

[1] preussenelektra.de: Kernkraftwerk Stade, abgerufen am 02.03.2023

[2] Spröder Werkstoff versagt spontan. In: DER SPIEGEL 21/1986, 18.05.1986

[3] AKW Stade vor Gericht, die tageszeitung 16.04.1991

[4] AKW Stade wird vorerst nicht abgeschaltet, die tageszeitung 18.04.1991

[5] base.bund.de: Kernkraftwerke in Deutschland: Meldepflichtige Ereignisse seit Inbetriebnahme

[6] PreussenElektra: Zahlen und Fakten zum Kernkraftwerk Stade. November 2020

[7] Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung: Statusbericht zur Kernenergienutzung in der Bundesrepublik Deutschland 2021

[8] „E.on verkauft Restlaufzeit an RWE“, Klimaretter.info, 10. Mai 2010

[9] umwelt.niedersachsen.de: Sachstandsinformation zum Kernkraftwerk Stade

[10] Siempelkamp Nukleartechnik: „Zusätzlicher Auftrag für das NIS-Expertenteam“, abgerufen am 10.08.2015

[11] „Wie zersägt man ein Atomkraftwerk?“, Die Welt, 27.10.2014

[12] nadir.org: Chronik AKW Stade, (Letzte Aktualisierung: 23.05.2012)

[13] Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz: Ereignisinformation zum Kernkraftwerk Stade (KKS), 12.12.2014

[14] Gruppe Ökologie: „Gutachten zu den Schwachstellen des Kernkraftwerks Stade“, Januar 1987

[15] fraktion.gruene-niedersachsen.de: Atomkraftwerk Stade: Grüne fordern Untersuchung des Reaktordruckbehälters, 31.10.2010)

[16] Wolfgang Neumann: Bestandsaufnahme Atommüll 2013 in: BI Lüchow-Dannenberg „Zur Sache Nr.2“, August 2013, S. 24

[17] PreussenElektra: Entsorgung der Massen aus dem Rückbau des Kernkraftwerks Stade. Stand November 2016

[18] Gesellschaft für Nuklearservice (GNS): Das Magazin der GNS-Gruppe, Ausgabe 3 – Februar 2009

[19] Annette Schmitz, Peter Knoll: „Rückbau der Reaktordruckbehälter-Einbauten im Kernkraftwerk Stade – ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zur grünen Wiese ist realisiert“, in atw 54. Jahrgang (2009), Heft 8/9, Seite 514 ff.

[20] Niedersächsisches Ministerium für Umwelt und Klimaschutz: „Genehmigungsbescheid für das Kernkraftwerk Stade (KKS) (Bescheid 2/2008): Umgang mit sonstigen radioaktiven Stoffen aus dem Kernkraftwerk Würgassen“, 07.03.2008

[21] Deutscher Bundestag: Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Hans-Josef Fell, Bärbel Höhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen: „Atommüll – Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe und Zwischenlager Nord“, Drucksache 17/4702, 07.02.2011

[22] Helmholtz-Zentrum München / PG Jülich: „Asse-Inventar – Abschlussbericht“, 31.08.2010

[23] Deutscher Bundestag: Antwort auf die schriftliche Anfrage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Drucksache 16/12182, 06.03.2012, Frage 91.

[24] Deutscher Bundestag: Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Hubertus Zdebel, Victor Perli, Lorenz Gösta Beutin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Kosten und Verteilung schwach- und mittelradioaktiver Abfälle in den Zwischenlager der Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung mbH, Drucksache 19/32620, 29.09.2021

[25] Niedersächsischer Minister für Bundesangelegenheiten: "Antwort auf die dringliche Anfrage der Fraktion der Grünen: "Merkwürdigkeiten bei der Inbetriebnahme des Atommüll-Zwischenlager Gorleben.", Pressemitteilung 10/85, 16.01.1985

[26] „Atomausstieg: Kein Plan für AKW-Bauschutt“, NDR, 31.03.2015

[27] Sächsischer Landtag: Antwort des Sächsisches Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Volkmar Zschocke (Grüne): Neuer Bauschutt aus Atomkraftwerken (AKW) in Sachsen", 15.05.2018

[28] Pressemitteilung Die Grünen im sächsischen Landtag Volkmar Zschocke (Grüne): Neuer Bauschutt aus ehemaligen Atomkraftwerken erreicht immer wieder Deponien in Sachsen, 19.05.2018