VAK Kahl

Name: VAK – Versuchsatomkraftwerk Kahl

Art der Anlage: Atomkraftwerk

Status der Anlage: zurückgebaut

Bundesland: Bayern

Betreiber: VAK Kahl GmbH

Von Apfel3748 - Selbst fotografiert, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=8318040

Anlage

 

Name der Anlage:

VAK – Versuchsatomkraftwerk Kahl (Standort: Karlstein, direkt neben dem HDR Großwelzheim)

Bundesland:

Bayern

Betreiber:

VAK Kahl GmbH

Gesellschafter:

RWE (80%) und Bayernwerk (20%)

Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde:

Ministerium für Wirtschaft (WM), später Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit (StMUG)

Reaktortyp:

Siedewasserreaktor der ersten Generation

Leistung, elektrisch:

16 MW brutto, 15 MW netto

Baubeginn:

01.07.1958, das Atomgesetz trat erst 1960 in Kraft

Netzsynchronisation:

17.06.1961

Inbetriebnahme:

Kommerzieller Leistungsbetrieb ab 02.02.1962, erstes kommerziell betriebenes AKW in der BRD

1961 übermittelte die Reaktorsicherheitskommission dem Betreiber eine Liste mit Kritik und Auflagen (u.a. falsche Standortwahl, zu hohe Brennstofftemperaturen). Daraufhin errichtete RWE den Reaktor ohne Betriebsgenehmigung. Diese wurde am 02.11.1962, nach der Inbetriebnahme, erteilt. [1]

Störfälle:

Während der Betriebszeit ereigneten sich 90 Störfälle u.a.: [2] 

  • Juli 1965: Bei einer wiederkehrenden Prüfung wurde eine Fehlfunktion des Schnellabschaltsystems festgestellt.
  • Juni und Dezember 1966: Überhitzungen an den Brennelementen, was zu einem teilweisen Schmelzen der Umhüllungen führte.
  • November 1966: Fehlfunktion eines Ventils an der Abgasanlage, weshalb radioaktive Gase mit einer Aktivität von rund 50 Curie (1,85 TBq) aus der Anlage entwichen. 25. Juli 1968: Stromausfall im Kraftwerk, wobei die Notstromaggregate nicht anliefen. Nach rund zwei Minuten ohne Stromversorgung konnte die Versorgung vom Hauptsystem wieder sichergestellt werden.
  • 1969 war aufgrund eines defekten Brennelements Radioaktivität aus der Anlage ausgetreten.
  • Oktober 1969: Risskorrosion an den Steuerelementen
  • März 1970: Austritt von Radioaktivität aufgrund von Brennelementschäden
  • 27.12.1971: Kühlmittelverluststörfall, bei dem durch ein Leck radioaktiver Dampf ins Containment strömte.
  • 22. 08.1977:Schaden an einem Schnellabschaltventil, Leck an einer Frischdampfleitung.
  • Anfang 1980: 90 m3 Dampf, nach offiziellen Angaben nicht radioaktiv, strömte in den Sicherheitsbehälter. Es wurden erhöhte Werte am Abluftkamin registriert, wobei man aufgrund dessen die Anlage für rund einen Monat vom Netz nahm.
  • Auch in den Folgejahren kam es aufgrund von Störfällen mehrmals zu Stillständen des Reaktors. [3]

Erdbebenversuche:

27.05.1986: Das bayerische Umweltministerium erteilte die Genehmigung im benachbarten, stillgelegten Heißdampfreaktor HDR Kahl künstliche Erdbeben zu Versuchszwecken zu erzeugen. Nach einer Klage zweier Anwohner, die befürchteten, dass die Schwingungen das nur 80 m entfernte Brennelementelager des VAK Kahl beschädigen könnte, wurden die Versuche im Juli 1986 wieder eingestellt. [4] und [5]

Stilllegung

 

Außerbetriebnahme:

25.11.1986 aufgrund der vielen Störfälle und Unwirtschaftlichkeit

Rückbau:

05.05.1988: Erste Teilstilllegungsgenehmigung

17.05.2010: Aus dem Geltungsbereich des Atomgesetzes entlassen

24.09.2010: Beendigung des konventionellen Restabrisses [6]

Kosten:

Rückbau 300 Mio. DM [1] Die EU förderte den Rückbau mit rund 600.000 DM[7]

(zum Vergleich: Bau ca. 34 Mio. DM) [1] 

Abfälle

 

Brennelemente:

Uran-Brennelemente, MOX-Brennelemente [6]

Volumen Rückbauabfälle:

20 t, davon 1,4 t radioaktive Abfälle, Rest freigemessen [1]

Verbringung der Abfälle:

Wiederaufarbeitung:

  • 0,1 t SM in Cadarache (F) [8]
  • 7,4 t SM in Dessel (Belgien) [8]

CLAB Schweden: Bestrahlte MOX-Brennelemente (112 Brennelemente - 6,5 t SM), die in der WAK nicht aufgearbeitet werden konnten, wurden zum CLAB, dem schwedischen Atommülllager für abgebrannte Brennelemente bei Oskarshamn verbracht. (Im Gegenzug hat sich die die BRD verpflichtet, schwedischen Atommüll, der in der französischen Wiederaufarbeitungsanlage anfällt, abzunehmen.) [6]

ASSE II: 410 Gebinde direkt, [10] sowie 1.309 Gebinde aus der Wiederaufarbeitung von Brennelementen des VAK Kahl in der WAK Karlsruhe [11]

Morsleben: 50 m³ [12]

Mitterteich:

  • 61 200-l-Fässer mit Presslingen aus brennbaren/pressbaren Abfällen sowie vom Einschmelzen (Betriebsabfälle)
  • 26 MOSAIK-Gussbehälter mit Schlämmen und Harzen (Betriebsabfälle)
  • 24 MOSAIK-Gussbehälter, die zerlegte Steuerstäbe, Neutronenquellen und Brennelementkästen enthalten (Rückbauabfälle) [13]

Quellen

[1] atomkraftwerkeplag.wikia.com: Kahl Bayern Stand 21.09.2021

[2] "Natürschützer: 90 Pannen im Atomkraftwerk Kahl" Süddeutsche Zeitung vom 13.11.1985

[3] nucleopedia.org: Kernkraftwerk Kahl, Stand 23.06.2022

[4] "Weitere "Erdbeben"-Tests?" Frankfurter Rundschau, 17.07.1986

[5] "Erdbeben" im Reaktor gestoppt, Abendzeitung, 18.07.1986

[6] Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung: Statusbericht zur Kernenergienutzung in der Bundesrepublik Deutschland 2012. Juli 2013

[7] Deutscher Bundestag: Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Cornelia Behm, Harald Ebner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen: "Abrißabfälle aus dem Versuchsatomkrafterk Kahl" Drucksache 13/2811, 27.10.1995

[8] Deutscher Bundestag: Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Cornelia Behmer, Harald Ebner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen: „Stand der Wiederaufarbeitung deutscher Brennelemente im Ausland und des deutschen Plutonium-Inventars“ Drucksache 17/8527, 31.01.2012

[9] Deutscher Bundestag: Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Hans-Josef Fell, Bärbel Höhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion Bündnis 90 / Due Grünen: "Atommüll – Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe und Zwischenlager Nord" Drucksache 17/4702, 07.02.2011

[10] Helmholtz Zentrum München, PG Jülich: AG Asse Inventar - Abschlussbericht, 31.08.2010

[11] Greenpeace: Tabelle Asse-Inventar

[12] Deutscher Bundestag: Antwort auf die schriftliche Anfrage der Abgeordneten Kotting-Uhl, Drucksache 16/12182 vom 06.03.2009, Frage 91

[13] Deutscher Bundestag: Antwort auf die schriftliche Anfrage der Abgeordneten Ursula Schönberger, Drucksache 13/2645, 13.10.1995, Fragen 117 und 120