Entsorgungskommission (ESK)

Die ESK, konstituiert am 30.06.2008 im Umfeld des Bekanntwerdens der besorgniserregenden Zustände in der ASSE II, löste den Ausschuss "Ver- und Entsorgung" der RSK ab. In der ESK und ihren Ausschüssen findet man zahlreiche VertreterInnen aus der Atomwirtschaft und den entsprechenden Gutachterorganisationen. Die ESK berät das BMUB in den Angelegenheiten der nuklearen Entsorgung und bei der Stilllegung kerntechnischer Einrichtungen. In die Kritik geriet die ESK u.a. wegen ihres Stresstest zu den Zwischenlagern und anderen Anlagen der Ver- und Entsorgung.

Entstehung

12.06.2008 Einberufung durch Bundesumweltminister Sigmar Gabriel „wegen der zunehmenden Bedeutung dieser Fragen“. [1] 

Konstituierung

30.06.2008

Auftrag

Beratung des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) in den Angelegenheiten der nuklearen Entsorgung, insbesondere die Behandlung und Zwischenlagerung radioaktiver Abfälle und bestrahlter Brennelemente, die Stilllegung kerntechnischer Einrichtungen, die Endlagerung aller Arten von radioaktiven Abfällen, sowie sicherheitstechnischen Fragestellungen bei der Stilllegung der Schachtanlage Asse. [1]

Angegliedert an

2008 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU)

2013 Umbenennung in Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB)

Zusammensetzung

Laut Satzung besteht die ESK in der Regel aus 11 Mitgliedern, derzeit sind es 13. Aktuelle Mitgliederliste (2016) [2] 

Vorsitzender:

  • Dipl.-Ing. Michael Sailer (seit 2008, vorher RSK), Technische Chemie, Geschäftsführer Öko-Institut Darmstadt [3] Mitglied der Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe. Sailer hat sich u.a. vehement gegen die Rückholung des Atommülls aus der ASSE II ausgesprochen. [4] 

stellvertretender Vorstzender:

  • Prof. Dr. Thomas Fanghänel (seit 2011, vorher RSK), Physikalische Chemie, Direktor des Instituts für Transurane (ITU) Karlsruhe [5] Fänghänel hält den Salzstock Gorleben für ein geeignetes Endlager. Die aktuellen Schwierigkeiten seien keinesfalls technisch, sondern „rein politisch oder gesellschaftspolitisch begründet“. [6] 

Mitglieder:

  • Dipl.-Ing. Holger Bröskamp, (seit 2008) Maschinenbau, Geschäftsführung Gesellschaft für Nuklearservice GNS. [7] 
  • Dr. Heinz-Walter Drotleff, (seit 2008), Physiker, TÜV Nord EnSys [8] 
  • Dr. Klaus Fischer-Apelt (seit 2014), Geologe, Leiter der Abteilung Endlagerung im Bereich Strahlen- und Umweltschutz der GRS [9] 
  • Prof. Dr. Horst Geckeis (seit 2014), Leiter des Instituts für Nukleare Entsorgung (INE) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) [10] 
  • Dr. Erich Gerhards (seit 2014), Reaktortechnik, Leiter des Bereichs Stilllegung und Entsorgung der E.ON Kernkraft GmbH [11]
  • Dipl.-Ing. Beate Kallenbach-Herbert (seit 2008), Maschinenbau, Leiterin des Bereichs Nukleartechnik & Anlagensicherheit des Öko-Instituts Darmstadt [12]
  • Prof. Dr. Meinert K.W. Rahn, (seit 2008) Erdwissenschaften, Leiter der Sektion Geologische Tiefenlagerung in der Hauptabteilung für die Sicherheit der Kernanlagen (HSK), Schweiz [13]
  • Prof. Dr. Barabara Reichert, Geologin, Professorin für Angewandte Geologie am Steinmann-Institut für Geologie, Mineralogie und Paläontologie, Universität Bonn [14] 
  • Prof. Dr. Klaus-Jürgen Röhlig, (2008-2011, wieder berufen 2014) Mathematiker, Professor für Endlagersysteme an der TU Clausthal, einer von der Energiewirtschaft finanzierten Stiftungsprofessur. [15] Röhlig hält die Gefahr von Strahlung für überbewertet. [16] 
  • Dipl.-Ing. Arsène Auguste Saas, (seit 2008, vorher RSK), Agrarwissenschaftler, Wissenschaftlicher Sekretär der Staatskommission für die Bewertung der Endlagerung radioaktiver Abfälle (CNE), Frankreich [17] 
  • Dr.-Ing Frank Schartmann (seit 2011), Maschinenbau, Mitgesellschafter der Brenk Systemplanung GmbH [18] 

Die Mitgliedschaft in der ESK ist ein persönliches Ehrenamt, die Mitglieder sind nicht weisungsgebunden. Die Mitglieder bekommen Fachhonorar, Reisekosten, Sitzungsgelder und ggfs. Entschädigung für besonderen Aufwand.

Der BMUB beruft die Mitglieder der ESK in der Regel für die Dauer von drei Jahren. Eine Wiederberufung sollte in unmittelbarer Folge nur einmal erfolgen. Die Mitgliedschaft kann aber nach 6 Jahren verlängert werden, sofern dies im Einzelfall aus Gründen der Kontinuität für erforderlich erachtet wird. [19] 

Arbeitsweise

Die ESK arbeitet entweder Beratungsaufträge des BMUB ab oder greift von sich aus Themen auf.

Die Mitglieder der Ausschüsse und Arbeitsgruppen der ESK werden auf Vorschlag der ESK vom BMUB berufen. Die ESK schlägt ebenfalls die Vorsitzenden der Ausschüsse und Arbeitsgruppen vor. Die Vorsitzenden der Ausschüsse müssen Mitglieder der ESK sein.

Derzeit hat die ESK 3 Ausschüsse:

Abfallkonditionierung, Transporte und Zwischenlagerung (AZ) 4 Mitglieder der RSK und weitere 9 Mitglieder (darunter Vertreter von GNS, EWN, E.ON, NCS und Vattenfall), aktuelle Beratungsthemen:

  • Umsetzung der ESK-Leitlinien für die Zwischenlagerung radioaktiver Abfälle mit vernachlässigbarer Wärmeentwicklung
  • Stand der Vorbereitung hinsichtlich der Bereitstellung radioaktiver Abfallgebinde für das Endlager Konrad
  • Umgang mit Altabfällen, Nachqualifikation und Dokumentation
  • Qualitätssicherung bei der Fertigung von Transport- und Lagerbehältern für bestrahlte Brennelemente und Wärme entwickelnde radioaktive Abfälle
  • Abtransport von Transport- und Lagerbehältern nach langer
  • Lagerzeit und verkehrsrechtliches Regelwerk
  • Leitlinie zum sicheren Betrieb eines Endlagers für Wärme entwickelnde radioaktive Abfälle
  • sicherheitstechnische Anforderungen an die Konditionierung radioaktiver Abfälle

Endlagerung radioaktiver Abfälle (EL), 7 Mitglieder der ESK und weitere 7 Mitglieder, aktuelle Beratungsthemen:

  • Systematische Erfassung und Auswertung von Störfällen bei der Endlagerung
  • Aktualisierungsbedarf der Auswahl- und Abwägungskriterien des ehemaligen Arbeitskreises Auswahlverfahren Endlagerstandorte (AkEnd)
  • Verlängerte Zwischenlagerung bestrahlter Brennelemente und Wärme entwickelnder radioaktiver Abfälle
  • Leitlinie zum sicheren Betrieb eines Endlagers für wärmeentwickelnde radioaktive Abfälle (in Abstimmung mit dem Ausschuss AZ)
  • Auswertung des ESK-Workshops vom am 20. und 21. Januar 2015: Wissensstand und -lücken der potentiellen Endlagerwirtsgesteine Salz, Ton und Kristallin
  • Schachtanlage Asse II, Endlager für radioaktive Abfälle Morsleben (ERAM) und Endlager Konrad

Stilllegung (ST), 4 Mitglieder der ESK und weitere 9 Mitglieder (darunter Vertreter von EnBW, E.ON, EWN und RWE)

  • Information über die Stilllegungskonzepte der gemäß der 13. AtG-Novelle im Nachbetrieb befindlichen Kernkraftwerke (mit Besichtigung der Anlagen)
  • aktuelle Fragen zur Stilllegung der Kernkraftwerke
  • Abfallströme und Entsorgungswege
  • Aspekte im Zusammenhang mit der Stilllegung des AVR Jülich
  • Aspekte im Zusammenhang mit der Stilllegung der WAK und der VEK [20] 

Ergebnisse

Link zu den Beratungsergebnissen der ESK

Kritik

ASSE II: Im September 2012 kam es zu einer scharfen Kontroverse zwischen dem ehemaligen Bundesumweltminister Gabriel, der die ESK selbst ins Leben gerufen hatte und dem Vorsitzenden der ESK. Sailer hatte von einer Rückholung des Atommülls aus der ASSE II abgeraten. Gabriel warf Sailer eine „schwer erträgliche Verunsicherung der Bürger“ vor. Und forderte indirekt Sailers Abberufung. [21] 

Sicherheitsanforderungen für Endlagerung: 2012 verließen die Geologien Detef Appel (PanGeo) und Jürgen Kreusch (INTAC) die Ad-hoc-Arbeitsgruppe zur Erarbeitung der Leitlinien zur Einordnung von Entwicklungen in einem tiefengeologischen Atommülllager in Wahrscheinlichkeitsklassen. Mit dieser Einordnung verbunden sind unterschiedliche Sicherheitsanforderungen. Bei wahrscheinlichen Entwicklungen darf die zusätzliche Individualdosis 10 Mikrosievert/Jahrnicht überschreiten, bei weniger wahrscheinlichen Ereignissen sind es 100 Mikrosievert/Jahr. Appel schreibt in seinem abweichenden Votum vom 07.06.2012: „Da die Angabe quantifizierter Wahrscheinlichkeiten für Szenarien in der Regel nicht möglich ist, erfordert die Zuordnung normative Einschätzungen, die nicht nur mit nachteiligen Konsequenzen für die Bewertungszuverlässigkeit verbunden sein können, sondern auch für die Transparenz des Entscheidungsprozesses und die Glaubwürdigkeit seines Ergebnisses. [22] 

Stresstest zu Urananreicherungsanlage Gronau (UAA), Brennelementfertigung Lingen (ANF), allen CASTOR-Zwischenlagern, der Piltokonditionierungsanlage Groleben (PKA) und der Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe (WAK): Am 14.03.2013 bescheinigte die ESK, dass alle Anlagen den Stresstest bestanden hätten [23] Diese Stellungnahme erntete Kritik, u.a. von Gronauer Initiativen die bemängelten, dass die ESK weder Terrorangriffe, noch chemische Folgereaktionen, noch Flugzeugabstürze untersucht habe. [24] 

Adresse

RSK/ESK-Geschäftsstelle beim Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), Postfach 12 06 29, 53048 Bonn, Tel.: 0228 / 305-3720, Fax: 0228 / 670388, info-rsk@bfs.de, www.rsk.de Büro: Robert-Schuman-Platz 3, 53175 Bonn

Quellen:

[1] „Unabhängige Experten beraten Umweltministerium bei Fragen der nuklearen Entsorgung“, Pressemitteilung des BMU 144/08, 30.06.2008

[2] http://www.entsorgungskommission.de/de/zusammensetzung-esk

[3] http://www.entsorgungskommission.de/de/node/73

[4] "Strahlenexperte warnt vor Mission Impossible in der Asse", spiegel online, 22.09.2012

[5] http://www.entsorgungskommission.de/de/node/74

[6] "Regierungsberater: Gorleben als Endlager geeignet", NWZ Online, 13.02.2013

[7] http://www.entsorgungskommission.de/de/node/75

[8] http://www.entsorgungskommission.de/de/node/96

[9] http://www.entsorgungskommission.de/de/node/97

[10] http://www.entsorgungskommission.de/de/node/98

[11] http://www.entsorgungskommission.de/de/node/99

[12] http://www.entsorgungskommission.de/de/node/100

[13] http://www.entsorgungskommission.de/de/node/101

[14] http://www.entsorgungskommission.de/de/node/76

[15] http://www.entsorgungskommission.de/de/node/102

[16] "Experte erwartet <nicht mehr als fünf Jahre> Erkundung von Gorleben", deutschlandradio kultur. 14.09.2010

[17] http://www.entsorgungskommission.de/de/node/103

[18] http://www.entsorgungskommission.de/de/node/104

[19] http://www.entsorgungskommission.de/de/satzung-esk

[20] http://www.entsorgungskommission.de/de/ausschuss-el

[21] „Atom-Experte verärgert Politiker“, frankfurter rundschau online, 24.09.2012

[22] Abweichendes Votum von Dr. Appel zur ESK-Empfehlung „Leitlinie zur Einordnung von Entwicklungen in Wahrscheinlichkeitsklassen“ (Revidierte Fassung vom 13.11.2012)

[23] „Stellungnahme der Entsorgungskommission ESK-Stresstest für Anlagen und Einrichtungen der Ver- und Entsorgung in Deutschland Teil 1: Anlagen der Brennstoffversorgung, Zwischenlager für bestrahlte Brennelemente und Wärmeentwickelnde radioaktive Abfälle, Anlagen zur Behandlung bestrahlter Brennelemente“, 14.03.2013

[24] „Atommüll bis mindestens 2120“, taz.de, 02.04.2013