AKW Rheinsberg

Name: KKR – Kernkraftwerk Rheinsberg

Art der Anlage: Atomkraftwerk

Status der Anlage: Im Rückbau

Bundesland: Brandenburg

Betreiber: EWN Entsorgungswerk für Nuklearanlagen

AKW Rheinsberg auf dem 10-Mark-Schein der DDR

Anlage

 

Name der Anlage:

KKR Kernkraftwerk Rheinsberg

Bundesland:

Brandenburg

Betreiber:

seit 02.02.2017: EWN Entsorgungswerk für Nuklearanlagen GmbH, vorher Energiewerke Nord GmbH (EWN) [1]

Vor 1990: VE Kombinat Kernkraftwerke Bruno Leuschner

Gesellschafter:

100% Bundesrepublik Deutschland (Bundesministerium für Finanzen)

Beschäftigte:

ca. 170 (Stand 2018) [2]

Reaktortyp:

Druckwasserreaktor, Typ WWER 210

Neben dem Leistungsbetrieb fanden im AKW Forschungsarbeiten sowie Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen statt. [3]

Leistung, elektrisch:

70 MW brutto, 62 MW netto

Wasseraufbereitung: 

"Einen großen Umfang der Ausrüstungen des Kernkraftwerks nahmen Anlagen zur Aufbereitung radioaktiver Wässer ein.“ [3]

Spezial-Kanalisation: Sammlung und kontrollierte Übergabe kontaminierter Wässer zur Aufarbeitung. Im Kontrollbereich verzweigtes Abwassersystem mit seinen Raumgullys. Im Gebäude der Speziellen Wasseraufbereitung befinden sich an der tiefsten Stelle zwei Pumpensümpfe.

Schmutzigen Außenbehälteranlage: Aufnahme großer Wassermengen aus dem Primärkreislauf zur Aufbereitung in der SWA

Spezielle Wasseraufbereitung (SWA): Aufbereitung radioaktiver Wässer

Baubeginn:

01.01.1960

Netzsynchronisation:

06.05.1966

Inbetriebnahme:

Kommerzieller Leistungsbetrieb ab 10.10.1966

Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde:

Ministerium für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg

Besondere Gefahren:

Während des Betriebs gab es etliche schwere Störfälle, der schwerste bekannt gegebene war ein Rohrriss im Kühlkreislauf. [4] 1975 hatte ein Brand in einem Maschinenraum fast zu einem GAU geführt. [5]

Es gibt zwar Konstruktionspläne, während Bau und Betrieb wurde jedoch improvisiert, sodass Rohre und Leitungen in der Realität anders verlaufen als auf dem Papier eingezeichnet. [6]

Betonstrukturen, Anlagenteile, Boden und Grundwasser sind stark kontaminiert. [6]

Die Castor-Behälter mussten trocken mit den Brennelementen beladen werden. Der Behälter wurde 19 m in die Höhe gehoben, obwohl er nur für einen Sturz aus 9 m Höhe ausgelegt ist. [7]

Meldepflichtige Ereignisse:

Seit dem 03.10.1990: 37 (Stand 28.02.2023) [8]

Stilllegung

 

Außerbetriebnahme:

01.06.1990: Abschaltung zur Revision

10.09.1990: Anordnung des Staatlichen Amtes für Atomsicherheit und Strahlenschutz (SAAS) der DDR, das AKW wegen unvertretbarer Mängel und Schwachstellen bis auf Weiteres nicht mehr in Betrieb zu nehmen.

12.11.1990: Entscheidung der EWN, das AKW stillzulegen [9]

Genehmigung:

April 1995: 1. Genehmigung für die Stilllegung und den Teilabbau

Rückbau: [3]

Aufgrund der Forschungstätigkeiten hat der Kontrollbereich mehr als 300 Räume, die dekontaminiert werden müssen.

09.05.2001: Abtransport der letzten Brennelemente in das Zwischenlager Nord

30.10.2007: Abtransport des aktivierten Reaktordruckbehälters über das öffentliche Schienennetz in das Zwischenlager Nord

Juli 2013: Fernbediente Zerlegung von aktivierten und kontaminierten Komponenten des Reaktors in der eigens hierzu errichteten Nasszerlegestation im ehemaligen innerbetrieblichen Brennelementelagerbecken 1 (Abklingbecken 1), sowie die Demontage der Nasszerlegestation abgeschlossen. 

Ein neues Lüftungssystem für die Be- und Entlüftung wurde genehmigt, eine neue "Kommandozentrale" soll folgen, weil die alte Blockwarte ausgedient habe. [6]

Oft sei unklar, wo genau Rohre eigentlich verlaufen, heißt es 2018 im Magazin "Einblicke" der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE). Denn es gebe zwar Konstruktionspläne – aber immer wieder hätten Bauarbeiter "improvisiert", als sie die Anlage vor mehr als 50 Jahren errichtet haben, "sodass Rohre und Leitungen in der Realität anders verlaufen als auf dem Papier eingezeichnet." Die Strahlung stecke "oft auch in den Wänden selbst oder ist mit belasteter Flüssigkeit unter Bodenwannen gesickert. So müssen die Arbeiter nun Quadratmeter für Quadratmeter messen." [2]

Spezial-Kanalisation:

2015 Beginn der Reinigung des Systems und der Entleerung der Pumpensümpfe

2020: Letzte Arbeiten zur Beseitigung von Hot-Spots im Restbetriebssystem Spezial-Kanalisation. Mittels "Shaver" wurden im Kontrollbereich Wandbeschichtungen abgetragen oder mittels Bagger kontaminierte Betonstrukturen entfernt. Ziel ist die Freimessung und der Gebäudeabbruch.

Spezielle Wasseraufbereitung (SWA):

Dekontaminationsarbeiten an den Anlagen, um die Strahlenbelastung des Personals bei der Demontage zu senken. Demontage in vier Teilumfängen,

Schmutzige Außenbehälteranlage:

2008 - 2014: Demontage der Betriebssysteme und Behälter. Weiterführend erfolgten die Demontage von Raumauskleidungen, der Ausbau von Versatzteilen und das Abstemmen von Kontaminationen (Hot Spots) in den Räumen, in denen die Demontage der Ausrüstungen abgeschlossen war.

Dauer des Rückbaus:

Ursprünglich bis 2009 geplant, inzwischen mehrfach verschoben, weil die Radioaktivität höher ist als erwartet und engmaschig gemessen werden muss.

2017 stellte die EWN fest, dass der Rückbau  länger dauern werde, weil die Radioaktivität "höher ist als erwartet": Lange hätten Fachleute gehofft, sie müssten nur die am stärksten strahlenden Teile ausbauen und könnten das Drumherum dann stehen lassen, bis die radioaktive Strahlung nach 50 Jahren innen so weit nachgelassen hat, dass die Gebäude ohne großes Risiko abgerissen werden könne. Doch die Strahlung ist "viel weiter in Beton und Leitungen gedrungen als erwartet", berichtet Jörg Möller, EWN-Projektleiter für den Rückbau in Rheinsberg, im Juli 2017. "Als die stark strahlenden Anlagen entfernt waren, blieb noch viel Radioaktivität übrig."Ende 2019 hieß es, dass die Pläne für den Abriß bis 2025 nicht einzuhalten seien. [6]

Der zwischenzeitlich von der EWN propagierte Plan, nur die am stärksten strahlenden Teile auszubauen und den Rest mindestens 50 Jahre zur Abklinglagerung stehen zu lassen, wurde wieder aufgegeben. [6]

Inzwischen geht das Ministerium von einem Rückbauende 2035 bis 2040 aus. [10]

Kosten:

Derzeit geschätzt 1 Mrd. Euro  [2] (1995 geschätzt 420 Mio. Euro) [11]

100% aus dem Bundeshaushalt

Abfälle

 

Brennelemente:

Insgesamt sind 109 t SM angefallen [12]

Zum Zeitpunkt der Abschaltung befanden sich 29 t SM im Lager und 20 t SM im Zwischenlager für abgebrannte Brennelemente (ZAB) in Greifswald.

Rückbauabfälle:

Gesamtmasse: 342.000 t, davon sind 63.000 t mit radioaktiven Stoffen belastet. [13]

Abfälle am Standort (Stand 31.12.2019): [14]

Genehmigung nach §7 AtG ausschließlich zur Pufferlagerung

Rohabfälle und vorbehandelte Abfälle:

  • Feste Abfälle, anorganisch: 212,0 Mg
  • Flüssige Abfälle, organisch: 0,5 Mg
  • Mischabfälle: 65,0 Mg

Konditionierte Abfälle:

  • 570-l-Fässer: 1 (<1 m³)

Abfälle in Endlagergebinden:

  • Betonbehälter Typ I: 19 (23 m³)
  • Betonbehälter Typ II: 6 (8 m³)

Verbringung von Abfällen:

  1. UdSSR: 60 t SM bestrahlte Brennelemente, unbestrahlte Brennelemente [12]
  2. Großbritannien (BNFL): 12.12.1994 unbestrahlte Brennelemente [9]
  3. USA: 74 unbestrahlte Brennelemente verkauft [13]
  4. Morsleben:
  • Bis 1991: 1.352 m³ und 2 Strahlenquellen [15]
  • Ab 1994: 2.528 m³ [16]
  1. Zwischenlager Nord:
  • 6 Behälter mit Brennelementen CASTOR® 440/84
  • der unzerlegte Reaktordruckbehälter
  • 18,1 t  kontaminiertes Erdreich
  • Aktivierte Reaktoreinbauten als zerlegte Bauteile in 122 Mosaikbehältern (61 Straßentransporte)
  1. Bauschuttdeponie Deetz: Deponierung 687 t  [17]
  2. Deponie und Sonderabfallverbrennungsanlage Schöneiche: Deponierung 5.692 t, Verbrennung 51 t [17]
  3. Sonderabfallverbrennungsanlage PCK Schwedt: Verbrennung 19 t [17]
  4. Siedlungsabfalldeponie Krangen (Lkr. Ostprignitz-Ruppin): Deponierung 165 t [17]
  5. Verfüllung von Baugruben am AKW Standort: 23.123 t [17]
  6. Weitere Entsorger: Lepkojus Berlin, Passon Neuruppin, AWU Neuruppin, Bunk Recycling Werder, GBAV Berlin: Deponierung zusammen 5.136 t [17]

Transporte

 

zur Anlage:

Keine

von der Anlage:

Radioaktive Rohabfälle, konditionierte radioaktive Abfälle

Gleisanschluss:

Vorhanden

Adressen:

 

Betreiber:

Entsorgungswerk für Nuklearanlagen (EWN)
Betriebsteil Rheinsberg
Am Nehmitzsee 1, 16831 Rheinsberg
Tel.: 033931 57-201, Fax: 033931 2367
info-kkr@ewn-gmbh.de, www.ewn-gmbh.de

Behörden:

Ministerium für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg
Henning-von-Tresckow-Straße 2-13, 14467 Potsdam
Tel.: 0331 866-0, Fax: 0331 866-5109
poststelle@MSGIV.Brandenburg.dewww.msgiv.brandenburg.de

Quellen

[1] Entsorgungswerk für Nuklearanlagen GmbH: Neuer Name, bewährte Qualität, Pressemitteilung 10.02.2017

[2]  BGE: Rückbau Rheinsberg, Einblicke  03.12.2018

[3] EWN Entworgungswerk für Nuklearanlagen: Kernkraftwerk Rheinsberg: Geschichte, Stilllegung und Rückbau, Stand 10-2021

[4] wikipedia.org: Kernkraftwerk_Rheinsberg (abgerufen am 23.05.2023)

[5] MDR: DDR-Kernkraftwerke: Viele Versuche, wenig Ergebnisse. 04.02.2022

[6] Kernkraftwerk Rheinsberg ist ein Sonderfall, maz-online.de, 27.07.2017

[7] Andreas B. Hewel (RBB): Der Rückbau des Atomkraftwerks Rheinsberg und der lange Weg zurück zur grünen Wiese. 14.04.2023.

[8] base.bund.de: Kernkraftwerke in Deutschland: Meldepflichtige Ereignisse seit Inbetriebnahme

[9] Strahlenschutzkommission (SSK): Stilllegung und Teilabbau des Kernkraftwerks Rheinsberg (KKR) - Gemeinsame Stellungnahme der Reaktor-Sicherheitskommission und der Strahlenschutzkommission. 16.02.1995

[10] Ministerium für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg (MSGIV): Kernkraftwerk Rheinsberg

[11] Deutscher Bundestag: Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Cornelia Behn, Sven_Christian Kindler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen: „Atomkraftwerk Rheinsberg – Rückbau und atomare Abfälle“ Drucksache 17/7607, 03.11.2011

[12] Deutscher Bundestag: Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Enkelmann und der Gruppe PDS/Linke Liste: „Entsorgungssituation der bundesdeutschen Atomanlagen“ Drucksache 12/5900, 14.10.1993

[13] EWN: Rückbau des Kernkraftwerks Rheinsberg, abgerufen 22.06.2017

[14] Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit: „Verzeichnis radioaktiver Abfälle – Bestand zum 31. Dezember 2019 und Prognose“, Januar 2021

[15] Deutscher Bundestag: Antwort auf die Kleine Anfrage (Grüne): „Endlager Morsleben – bis 1991 eingelagerte Abfälle“ Drucksache 17/1387, 14.04.2010

[16] Deutscher Bundestag: Antwort auf die schriftliche Anfrage der Abgeordneten Lötzer, Drucksache 17/14270, 28.06.2013, S. 62 ff.

[17] BBU: Deponietabelle, Stand September 2018