12 Jahre Fukushima-Reaktorkatastrophe: Pazifikstaaten protestieren gegen Einleitung radioaktiven Wassers

Am 24.08.2023 begann die Verklappung des seit 12 Jahren in Fukushima gesammelten radioaktiv kontaminierten Wassers in den Ozean. Von 2023 bis 2050 will die japanische Regierung mehr als 1,3 Million Tonnen davon in den Pazifik entsorgen. Nicht nur die japanischen Fischer und Bauern wehren sich, sondern auch Südkorea, China und das Pacific Islands Forum, ein Beratungsgremium der Staats- und Regierungschefs von 18 Staaten im Pazifik, darunter Neuseeland und Australien. Die Bergung der Brennelemente in den externen Lagerbecken soll 2031 abgeschlossen sein. Für die geschmolzenen Reaktorkerne gibt es auch 12 Jahre nach der Katastrophe noch kein belastbares Bergungskonzept.

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12 Jahre nach der Katastrophe in dem japanischen Atomkraftwerk müssen die zerstörten Reaktoren immer noch mit Wasser gekühlt werden. Zudem sickert Grundwasser in die Anlage, wird kontaminiert und aufgefangen. In drei Reaktoren sind die Reaktorkerne geschmolzen. Weltweit existiert bisher keine Technologie, mit der sie geborgen werden könnten. Das heißt, es wird auch weiterhin ständig einsickerndes Grundwasser hochradioaktiv kontaminiert werden.

Mehr als 1,3 Millionen Tonnen radioaktiv verstrahlten Wassers werden derzeit auf dem Kraftwerksgelände in über 1000 Tanks zwischengelagert. Im April 2021 hat die japanische Regierung beschlossen, das kontaminierte Wasser ins Meer abzuleiten, ganz nach dem Prinzip „verteilen und verdünnen“. Die Einleitung über einen 1000 Meter langen Unterwassertunnel in den Pazifik hat am 24.08.2023, 13.00 Uhr Ortszeit begonnen und soll bis Mitte der 2050er Jahre andauern. Die Internationale Atomenergieorganisation IAEA gab dazu ihre Zustimmung.

Laut dem Betreiber TEPCO soll das Wasser vorher so behandelt werden, dass die Radionuklidkonzentrationen unterhalb der Grenzwerte lägen, mit Ausnahme des radioaktiven Tritiums, das nicht herausgefiltert werden könne. Tatsächlich würde das eingeleitete Wasser auch andere gefährliche Radionuklide enthalten. Laut Greenpeace entspräche die Menge an eingeleitetem Strontium-90 den Emissionen eines Druckwasserreaktors in etwa 120.000 Betriebsjahren. Radioaktives Kohlenstoff-14 kann die verwendete Wasserreinigungstechnologie gar nicht herausfiltern.

In einer Petition wurden 250.000 Unterschriften gegen dieses Pläne gesammelt. Nicht nur die japanischen Fischer*innen und Bäuer*innen wehren sich, sondern auch Südkorea, China und das Pacific Islands Forum, ein Beratungsgremium der Staats- und Regierungschefs von 18 Staaten im Pazifik, darunter Neuseeland und Australien. China hat sein seit zwölf Jahren geltendes Importverbot für Fische und Meeresfrüchten aus 10 japanischen Präfekturen auf Hongkong und Macao ausgedehnt und den japanischen Botschafter einbestellt. Zudem kündigte China an, den Import aus den anderen japanischen Präfekturen stärker zu kontrollieren. China ist der weltweit größte Abnehmer dieser Erzeugnisse aus Japan.

Bergung der Brennelemente aus den externen Lagerbecken soll bis 2031 abgeschlossen sein

Nachdem die externen Lagerbecken eingehaust, also mit einer Schutzhülle umgeben wurden, konnten bis Ende Dezember 2014 alle 1.533 Brennelemente aus dem Lagerbecken des Blocks 4 geborgen werden. Bis Ende Februar 2021 folgten alle 566 Brennelemente aus dem Lagerbecken des Blocks 3. Für die Blöcke 1 und 2 laufen noch die vorbereitenden Arbeiten wie die Entfernung von Trümmern und die Errichtung der Entlademaschine. Nach derzeitiger Planung sollen die letzten Brennelemente 2031 geborgen werden.

Konzept und Zeitplan für die Bergung der geschmolzenen Reaktorkerne unklar

Die Bergung der geschmolzenen Reaktorkerne (Corium) wird eine noch wesentlich schwierigere und langwierige Arbeit. Derzeit befindet sich der Betreiber TEPCO immer noch in der Phase der Ermittlung des tatsächlichen Zustandes in den Reaktoren. Mittels Endoskope und Roboter wird der Zustand und die Verteilung des hochradioaktiven Materials untersucht. Probleme bereitet dabei die extrem hohe Strahlung. Bei Ortsdosisleistungen von bis zu 530 Sievert pro Stunde in den Reaktoren werden die Elektronikbauteile der Roboter zerstört. Für das Bedienpersonal der Roboter, das in einiger Entfernung sitzt, mussten teilweise extra Abschirmungen errichtet werden.

Bisher gibt es kein belastbares Bergungskonzept. Weder ist die Verteilung des Coriums, das in einer Vielzahl von Brocken vorliegt, noch die genaue Beschaffenheit erfasst. Die ursprüngliche Idee, den geschmolzenen Kernbrennstoff fernhantiert unter Wasser zu bergen, wurde inzwischen wieder aufgegeben. Dafür müssten die Sicherheitsbehälter abgedichtet werden, doch es sind gar nicht alle Leckstellen bekannt. Sehr hohe Strahlungswerte an den Betonriegeln oberhalb der Sicherheitsbehälter der Blöcke 2 und 3 stellten zwischenzeitlich das ganz Vorhaben in Frage.

Quellen

Michael Weiland (Greenpeace): Radioaktives Wasser aus Fukushima droht in den Pazifik zu gelangen, 22.01.2019

Heinz Smital (Greenpeace): Kontaminiertes Wasser aus dem AKW Fukushima bedroht die Umwelt, 13.04.2021

Patrick Zoll (Neue Züricher Zeitung): Japan will radioaktiv belastetes Wasser loswerden – die Länder im Pazifik sehen sich einmal mehr übergangen, 25.01.2023

Henry Puna (Pazific Islands Forum): Japan must work with the Pacific to find a solution to the Fukushima water release issue – otherwise we face disaster, 04.01.2023

Streit um Fukushima-Fische, FAZ.net, 24.08.2023

Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS): 10 Jahre Fukushima, Teil 3: Der Rückbau, 19.02.2021