Eine zentrale Anlage für den Betrieb von Schacht KONRAD
Am 6. März 2020 gab die BGZ Gesellschaft für Zwischenlagerung mbH bekannt, am Standort Würgassen ein riesiges zentrales Zwischenlager zu errichten, für die schwach- und mittelradioaktiven Abfälle, die in Schacht KONRAD eingelagert werden sollen. Noch unklar ist, welche Konditionierungseinrichtungen am Standort entstehen sollen.
Im Entsorgungsübergangsgesetz vom Januar 2017 wurde erstmals die Möglichkeit zur Errichtung eines „zentralen Bereitstellungslagers […] als Eingangslager für das Endlager KONRAD“ erwähnt. [1] Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung vom März 2018 heißt es bereits: „Für einen zügigen Einlagerungsbetrieb ist die Errichtung eines Bereitstellungslager unverzichtbar.“ [2] Seitdem wird mit Hochdruck an diesem Projekt gearbeitet. Die Entsorgungskommission musste sogar eine Sondersitzung dazu einlegen, um schnell eine Stellungnahme zu verfassen. [3] Und das, obwohl die geplante Inbetriebnahme vom Schacht KONRAD um weitere fünf Jahre auf 2027 verschoben wurde.
Warum ist dieses Bereitstellungslager plötzlich ein Projekt mit höchster Priorität?
Die Planungen für die Einlagerung von Atommüll in Schacht KONRAD haben in den letzten Jahren einen grundlegenden Wandel erfahren. Noch während des Erörterungstermins 1992/1993 hieß es, dass diese beantragten Aktivitäts- und Temperaturbegrenzungen weit unterschritten werden würden. Deswegen wären auch die Störfallbetrachtungen konservativ, die von den Obergrenzen ausgingen, da ihnen viel zu hohe Werte zugrunde liegen würden.
Das Bestreben, Kosten zu reduzieren (für die Einlagerung wird nach Kubikmeter abgerechnet), technische Weiterentwicklungen bei der Konditionierung und der hohe Anfall einzelner Radionuklide führen inzwischen dazu, dass die genehmigten Obergrenzen bis zum Letzten ausgereizt werden sollen. Beispielsweise gibt es eine ganze Reihe von Radionukliden, Radon-226, Thorium-232, Uran-235 und 238, Tritium und Kohlenstoff-14, deren genehmigte Einlagerungsmenge in Schacht KONRAD erreicht bzw. sogar überschritten werden wird. Deshalb wollen sich die Abfallanlieferer untereinander abstimmen, bzw. einen Ausgleich der Aktivitätskontingente schaffen. „Ein solcher Ausgleich ist eine notwendige Voraussetzung für die optimale Ausschöpfung der in den Endlagerungsbedingungen Konrad festgelegten Aktivitätsbegrenzungen.“ [4]
Ein solcher Ausgleich erfordert aber ein höchstmögliches Maß an Abstimmung und Koordination zwischen den Abfallanlieferern. Dies scheitert bisher alleine schon an den unterschiedlichen Qualitäten der Datenerfassung und nicht abgestimmter Datenbanken bei den privaten Abfallanlieferern, den öffentlichen Abfallanlieferern und dem Betreiber von Schacht KONRAD. [4]
Zur Vermeidung unnötiger Strahlenbelastung am Schacht KONRAD selbst, müssen die Abfälle zudem laut Planfeststellungsbeschluss [5] just-in-time angeliefert werden. Ein längerer Aufenthalt im Pufferlager am Standort soll vermieden werden. Und so wären lange Vorplanungen und ein reibungsloser Ablauf zwischen vielen Akteuren vonnöten, um die im Sinne der Betreiber „optimale“ Zusammensetzung von Gebinden in einer Einlagerungskampagne tatsächlich verfügbar zu haben.
Hier kommt nun das neue Bereitstellungslager KONRAD ins Spiel. Es soll die Möglichkeit eröffnen, das Just-in-time-Konzept zu umgehen, ohne dass der Planfeststellungsbeschluss nochmal neu aufgerollt werden muss. Einzig aus diesem Grund soll das Bereitstellungslager auch nicht direkt an Schacht KONRAD errichtet werden, obwohl dies "offensichtliche Vorteile [hätte], weil die Wege kurz wären und für den Transport vom Breitstellungslager in das Endlager Konrad keine öffentlichen Transportwege genutzt werden müssten." [4] Dann jedoch wäre das Lager Teil der Anlage KONRAD und damit eine wesentliche Änderung des Planfeststellungsbeschlusses, was wiederum eine neue Sicherheitsbetrachtung des Projektes KONRAD nach aktuellem Stand von Wissenschaft und Technik nach sich ziehen würde. Und nichts scheuen Bund und Betreiber mehr, denn dieser Sicherheitsbetrachtung könnte Schacht KONRAD nicht standhalten.
Und so soll in Würgassen ein zentrales Zwischenlager für gering wärmeentwickelnde Abfälle entstehen, von dem "über mehrere Jahrzehnte regelmäßig zahlreiche Transporte durchgeführt werden müssen" [4] in dem "möglichst einfach optimierte Einlagerungschargen für Konrad" [4] zusammengestellt werden können und in dem Konditionierungsmaßnahmen durchgeführt werden können, "um die vollständige Einhaltung der Endlagerungsbedingungen Konrad sicherzustellen (Innendruck <1,2 bar, Anteil freier Flüssigkeit maximal 1 % des Nettogebindevolumens, Integrität des Dichtungssystems)". [4] So wird sich die Zahl der fälligen Atommülltransporte zwangsläufig verdoppeln und damit auch die Strahlenbelastung und das Risiko von Unfällen.