AKW Greifswald 1-6

Name: KGR - Kernkraftwerk Greifswald 1-5

Art der Anlage: Atomkraftwerk

Status der Anlage: im Rückbau

Bundesland: Mecklenburg-Vorpommern

Betreiber: EWN Entsorgungswerk für Nuklearanlagen GmbH

Foto: Harald909, Wikipedia

Anlage

 

Name der Anlage:

KGR 1 Greifswald 1

KGR 2 Greifswald 2

KGR 3 Greifswald 3

KGR 4 Greifswald 4

KGR 5 Greifswald 5

Bundesland:

Mecklenburg-Vorpommern

Betreiber:

seit 02.02.2017: EWN Entsorgungswerk für Nuklearanlagen GmbH, vorher Energiewerke Nord GmbH (EWN) [1]

Vor 1990: VE Kombinat Kernkraftwerke Bruno Leuschner

Gesellschafter:

100% Bund

MitarbeiterInnen:

1.033 an den Standorten Lubmin und Rheinsberg (2021) [2]

Reaktortyp:

5 Druckwasserreaktoren Typ WWER 440

Leistung:

jeder Block: 440 MW brutto, 408 MW netto

Baubeginn:

Block 1 und 2: 01.03.1970

Block 3 und 4: 01.04.1972

Block 5 und 6: 01.12.1976

Block 7 und 8: 01.12.1978

Netzsynchronisation:

Block 1: 17.12.1973

Block 2: 23.12.1974

Block 3: 24.10.1977

Block 4: 03.09.1979

Block 5: 24.04.1989

Leistungsbetrieb:

Kommerzieller Leistungsbetrieb ab:

Block 1: 12.07.1974

Block 2: 16.04.1975

Block 3: 01.05.1978

Block 4: 01.11.1979

Block 5: 01.11.1989 (Probebetrieb)

Block 6 wurde fertiggestellt, ist aber nicht in Betrieb gegangen.

Der Bau der Blöcke 7 und 8 wurde abgebrochen.

Genehmigungs- und
Aufsichtsbehörde:

Ministerium für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern

Besondere Gefahren:

Konstruktionsfehler, mangelhafter Strahlenschutz, massive Korrosionsschäden, fehlendes Containment und schwere Störfälle bis hin zum Beinahe-GAU prägen die Geschichte des AKW. 1974 barsten in Block 1 etliche Brennelemente; mehrfach brannte es; ins Reaktorgebäude regnete es teilweise hinein, weil die Decke undicht war. Immer wieder wurden Wände und Böden bei solchen und anderen Zwischenfällen radioaktiv belastet. [3] [4]

Meldepflichtige
Ereignisse:

Seit 03.10.1990: 91 (Stand 28.02.2023) [5]

Stilllegung

 

Außerbetriebnahme: [6]

Block 1: 14.02.1990

Block 2: 14.02.1990

Block 3: 28.02.1990

Block 4: 22.07.1990

Block 5: 24.11.1989 (Ende des Probebetriebs)

Rückbau:

Seit 1995; ursprünglich hatte die EWN geplant, bis 2012 mit dem Rückbau inklusive des konventionellen Abrisses der Gebäude fertig zu werden. [7]

Oktober 2012: "Antrag auf Langzeitverwahrung nicht mehr genutzter, innen kontaminierter Gebäude". Die Energiewerke Nord wollen die Gebäude aus Kostengründen nur noch bis zu einem gewissen Grenzwert dekontaminieren und 50 Jahre stehen lassen bis die Strahlung so weit abgeklungen ist, dass sie konventionell abgerissen oder anderweitig genutzt werden können. [8]

2013: Der letzte der 30 Dampferzeuger wird in das Zwischenlager Nord (ZLN) transportiert. [2]

September 2016: Die EWN rückt von der Langzeitverwahrung wieder ab und beginnt, die Schornsteine abzureißen. [9]

Derzeit (September 2022) geht die EWN davon aus, in der 2. Hälfte der 2030er Jahre mit dem konventionellen Abriss der Gebäude beginnen zu können. Laut der EWN müssen noch ca. 440.000 m² Betonoberfläche untersucht werden. [10]

Mit der Zerlegung der stark strahlenden Reaktordruckbehälter soll erst Anfang der 2060er Jahre beginnen werden. [10]

Kosten:

Anfangs rechnete die EWN mit 3,2 Mrd. Euro Rückbaukosten, 2016 bereits mit 6,5 Mrd. Euro.[11] Inzwischen ist von einem „höheren einstelligen Milliardenbetrag“ die Rede. [12] Die Kosten werden zu 100% aus Steuermitteln bezahlt. 

Abfälle

 

Brennelemente:

In der Anlage bei Abschaltung: 5.037 abgebrannte Brennelemente (1.011 BE in den Reaktoren 1-5, 1.628 BE in den Abklingbecken 1-5 und 2.398 BE im Zwischenlager)

Zusätzlich 860 unbestrahlte Brennelemente [13]

Zwischenlager für abgebrannte Brennelemente (ZAB):

Nasslager für abgebrannte Brennelemente; Baubeginn 1982, Erste Einlagerung am 19.12.1985,
Bis 2006 geräumt, der Abriss ist erfolgt.

Prognostiziertes
Abfallvolumen:

Gesamt ca. 1,8 Mio. t [14]

  • Ca. 1,2 Mio. t „radiologisch restrisikofreies Material“
  • Ca. 500.000 t freizumessende Reststoffe
  • Ca. 100.000 t radioaktive Abfälle

Lagerung am / im AKW
(Stand 31.12.2019):
[15]

Rohabfälle und vorbehandelte Abfälle

  • Feste Abfälle, anorganisch: 197,1 t
  • Feste Abfälle, organisch: 46,9 t
  • Flüssige Abfälle, anorganisch: 379,3 t
  • Flüssige Abfälle, organisch: 1,0 t
  • Mischabfälle: 242,4 t

Konditionierte Abfälle

  • 200-l-Fässer: 107 (29 m³)

Verbringung von
Abfällen:

  1. Zwischenlager für abgebrannte Brennelemente (ZAB): Die bestrahlten Brennelemente wurden zuerst in das ZAB gebracht, bevor sie weitertransportiert wurden. Das ZAG wurde 2006 zurückgebaut.
  2.  UdSSR: laut Staatsvertrag wurden bis Anfang der 80er Jahre 233 t SM zur Wiederaufarbeitung in die UdSSR verbracht. [16]
  3. Ungarn: 235 teilabgebrannte Brennelemente wurden 1995 an das ungarische Atomkraftwerk Paks gegen die Zusicherung, sie nicht mehr als Abfälle zurücknehmen zu müssen, abgegeben. [16]
  4. Tschechische Republik: 589 unbestrahlte Brennelemente wurden 1992 an die CSFR (Tschechische und Slowakische föderative Republik) bzw. 1993 an die Tschechische Republik verkauft. [13]
  5. USA: 271 unbestrahlte Brennelemente wurden 1995 in die USA verkauft. [13]
  6. Zentrale Aktive Werkstatt ZAW: Die rückzubauenden Abfälle werden erst zur ZAW mit den Konditionierungseinrichtungen in der ehemaligen Reparaturwerkstatt für kontaminierte Anlagenteile gebracht und dort bearbeitet.
  7. Zwischenlager Nord Hallen 1-7 und 8:
  • 56 CASTOR® 440/84, 3 CASTOR® KRB-MOX, abgeschlossen 15.06.2006 [17]
  • Großkomponenten: Dampferzeuger, Reaktordruckbehälter, Reaktordruckgefäße, Sprinklerkühler, etc. [17]
  • alle weitere Betriebs- und Abrissabfälle als Rohabfälle oder konditionierte Abfälle
  1. Morsleben
  • Bis 1991: 9.201 m³ und 57 Strahlenquellen [18]
  • 1994 – 1998: 3.347 m³ [19]
  1. Deponie IAG Ihlenberg (Schönberg): 1996 – 2009: 14.530 t Abfälle [20]
  2. Deponiegesellschaft Ostvorpommern mbH Dennin: zusammen mit der IAG mindestens 21.000 t [21]
  3. AVG Hamburg: Verbrennung von 36 t 1995 - 2004 [21]
  4. Unbeschränkte Freigabe: Bis Ende 2018 ca. 162.000 t an Betonverwerter, ca. 47.000 t Metalle an Schrotthändler. [22]

Transporte

 

  • von der Anlage:

Radioaktive Rohabfälle, konditionierte radioaktive Abfälle

  • Gleisanschluss:

Vorhanden

Adressen

 

Betreiber:

EWN - Entsorgungswerk für Nukelaranlagen GmbH
Latzower Straße 1, 17509 Rubenow
Tel: 038354 / 4-0 Fax: 038354 / 22458
oststelle@ewn-gmbh.de, www.ewn-gmbh.de

Behörden:

Ministerium für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern
19048 Schwerin
Tel.: 0385 588-0, Fax: 0385 58816024
poststelle@lm.mv-regierung.dehttps://www.regierung-mv.de/Landesregierung/lm/

Kritiker*innen:

Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Landesverband Mecklenburg-Vorpommern
Wismarsche Straße 152, 19053 Schwerin
Tel.: 0385 521339-0, Fax: 0385 521339-20
bund.mv(at)bund.nethttps://www.bund-mecklenburg-vorpommern.de

Quellen

[1] Entsorgungswerk für Nuklearanlagen GmbH: Neuer Name, bewährte Qualität, Pressemitteilung 10.02.2017

[2] EWN Entsorgungswerk für Nuklearanlagen GmbH: Geschäftsbericht 2021, Stand 08.2022

[3] „Zeitbombe Greifswald“, Der Spiegel Spezial: „162 Tage Deutsche Geschichte“ 01.02.1990

[4] „Alles tot“, Der Spiegel 4/1990

[5] base.bund.de: Kernkraftwerke in Deutschland: Meldepflichtige Ereignisse seit Inbetriebnahme

[6] Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung: Statusbericht zur Kernenergienutzung in der Bundesrepublik Deutschland 2021. September 2022

[7] Strahlenschutzkommission (SSK): Kernkraftwerk Greifswald (KGR) Blöcke 1-6 Stilllegung der Anlage mit Abbau von Anlagenteilen – Stellungnahme der Reaktor-Sicherheitskommission und der Strahlenschutzkommission, 27./28.04.1995

[8] AKW Lubmin: Energiefirma plant Billig-Entsorgung für Kernkraftwerk" spiegel-online, 24.04.2012

[9] "AKW-Abriss Lubmin: Schornstein wird demontiert", NDR, 22.09.2016

[10] Katja Maria Engel: Wie man Atomkraftwerke abreißt, Spektrum der Wissenschaft, 04.10.2022

[11] "Kosten für AKW-Rückbau übersteigen alle Prognosen", energiezukunft.eu, 27.07.2016

[12] Wolfgang Mulke: Wie zerlegt man ein Atomkraftwer? taz, 03.04.2023

[13] EWN: Kernbrennstoffentsorgung : Historie des Kernbrennstoffs im KKW Greifswald, 08.2006

[14] Dieter Rittscher, Geschäftsführer EWN: Zeitliche, ökonomische und strahlenschutztechnische Aspekte beim Abriss der Greifswalder AKW-Blöcke, Vortrag bei der Anhörung der Bundestagsfraktion Bündnis 90 / Die Grünen zur Bedeutung des Atomzentrums in Greifswald/Lubmin für die Atommüll-Entsorgung in Deutschland. Schwerin, 23.03.1996

[15] Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit: „Verzeichnis radioaktiver Abfälle – Bestand zum 31. Dezember 2019 und Prognose“, Januar 2021

[16] EWN Entsorgung des Kernbrennstoffs, abgerufen 14.11.2014

[17] Deutscher Bundestag, Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Hans-Josef Fell, Bärbel Höhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen: "Atommüll – Zwischenlager Nord", Drucksache 17/4009 vom 29.11.2010

[18] Deutscher Bundestag, Antwort auf die Kleine Anfrage (Grüne): "Endlager Morsleben – Bis 1991eingelagerte Abfälle", Drucksache 17/1387 vom 14.04.2010

[19] Deutscher Bundestag: Antwort auf die schriftliche Anfrage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Drucksache 16/12182 vom 06.03.2012, Frage 91

[20] "Große Mengen Atommüll vorgeblich freigemessen und wie gewöhnlicher Müll auf Deponie abgelagert", strahlentelex 570-572/2010

[21] BBU-Deponietabelle, Stand 09.2018

[22] Rückbau des KKW dauert noch Jahre, Ostsee-Zeitung, 02.11.2018