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Name: | FRM II – Forschungsreaktor München II |
Bundesland: | Bayern |
Betreiber: | Forschungs-Neutronenquelle Heinz Maier-Leibnitz (FRM II), ein wissenschaftliches Zentralinstitut der Technischen Universität München |
Träger: | Freistaat Bayern |
Beschäftigte: | Ca. 400 auf dem Gelände des FRM II [1] |
Forschungsverbund: | Kooperation zwischen der TU München, Forschungszentrum Jülich, dem Helmholtz-Zentrum hereon (Geesthacht), der Max-Planck-Gesellschaft und neun weiteren Universitätsgruppen [2] |
Reaktortyp: | Offener Schwimmbadreaktor 1 Kompaktbrennelement mit 8,1 kg hoch angereichertem, waffenfähigem Uran (HEU, highly enriched uranium, 93% Anreicherung), das nach einem Lebenszyklus von 60 Tagen gewechselt werden muss. Die abgebrannten Brennelemente haben noch immer eine Urananreicherung von bis zu 88% und sind damit weiterhin waffenfähig. [3] Das HEU stammt aus Russland da die USA aufgrund der internationalen Abrüstungsvereinbarungen die Lieferung verweigerten. [4] Gefertigt werden die Brennelemente in Frankreich von der Fa. Compagnie pour l'Etude et la Réalisation de Combustibles Atomiques CERCA (AREVA-Gruppe). [3] |
Leistung, thermisch: | 20 MW |
Zweck: | Grundlagenforschung in Physik, Chemie, Biologie und Materialwissenschaften. "Der Industrie steht die Quelle zu ca. 30% der nutzbaren Strahlzeit zur Verfügung. Der Industrie steht die Quelle zu ca. 30% der nutzbaren Strahlzeit zur Verfügung. Der FRM II wird so genutzt von der Automobilindustrie, der Halbleiterindustrie, der Luft- und Raumfahrt, den Branchen Maschinenbau, Chemie, Medizintechnik, Umwelt und Energie sowie der Geologie und Archäologie bzw. Kunstgeschichte. [5] |
Baubeginn: | 01.08.1996 |
Inbetriebnahme: | 02.03.2004 |
Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde: | Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV) |
Genehmigung: | Der Einsatz des hoch angereicherten, waffenfähigen Urans widerspricht dem bereits bei der Genehmigung des FRM II laufenden internationalen Programm zur Umstellung von Forschungsreaktoren auf niedrig angereichertes Uran. Sowohl in der Genehmigung als auch in einer Vereinbarung zwischen dem Bund und dem Land Bayern vom 30.05.2003 wurde die Umstellung auf eine Urananreicherung unter 50 % Uran235 bis Ende 2010 festgelegt. Wegen Nichteinhaltung der Frist wurde sie am 22.10.2010 bis zum 31.12.2018 verlängert. Auch diese Frist ist verstrichen. [4] Dezember 2020: Geheime Vereinbarung zwischen dem damals CDU-geführte Bundesforschungsministerium und dem bayerischen CSU-Wissenschaftsministerium. Die TUM erhielt die Zustimmung zum Weiterbetrieb mit hochangereichertem Uran (HEU) ohne einen verbindlichen Umrüstungstermin festzulegen. [6] Allerdings wurde vereinbart, dass bis Ende 2022 Ergebnisse vorliegen müssen, auf deren Basis 2023 eine politische Entscheidung getroffen werden soll. |
Umrüstung auf niedriger angereichertes Uran: | 25.11.2022: In einer Simulation wurde nachgewiesen, dass eine Umrüstung des Reaktors auf Uran mit einer Anreicherung unter 20% möglich sei. [7] 28.04.2023: Der Betreiber verkündete einen Durchbruch bei der Umrüstung: Dabei wurde aber lediglich „die theoretisch festgestellte und von unabhängigen Expertenteams bestätigte Umrüstbarkeit“ verkündet. Um dies in die Praxis umzusetzen soll nun ein Projektteam weitere Optimierungen an dem Brennelement-Design durchführen und die Einleitung des Genehmigungsverfahrens sowie die Beschaffung der neuen Brennelemente vorbereiten. Es war also nur der Startschuss für die technische und atomrechtliche Umsetzung, die noch viele Jahre dauern wird. Die Politik begrüßte und unterstützte diese Entscheidung. [8] |
Klage: | 03.06.2020: Klage des Bund Naturschutz Bayern gegen den Betrieb des FRM II wegen des Weiterbetriebs mit HEU. Laut Rechtsgutachten ist dies spätestens seit 2018 illegal, da mit Nichteinhaltung der Umrüstungsfrist keine gültige Betriebsgenehmigung mehr vorliegt. [9] 19.06.2024: Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof wies die Klage ab und ließ keine Revision zu. [10] |
Besondere Gefahren: | Proliferationsgefahr durch Verwendung von waffenfähigem hoch angereichertem Uran [4] "Uran mittlerer Anreicherung MEU gibt es definitionsgemäß nicht. Diese neue Wortschöpfung in Verbindung mit dem FRM II steht für waffenfähiges HEU mit „reduzierter“ Anreicherung von z.B. 50 Prozent. Für den Bau einer Atomwaffe würde dabei im Vergleich zu einem Anreicherungsgrad von ca. 90 Prozent etwa das dreifache Uran-Menge benötigt. Dies ist keine ausreichend hohe Hürde gegen einen Missbrauch." [11] Anhaltende Korrosionsprobleme im Reaktorbecken: Nach Auskunft der Bayerischen Aufsichtsbehörde handelt es sich "um Ablagerungen und keinen korrosiven Angriff". Diese seien nicht sicherheitsrelevant. [4] |
Stillstände: | März 2019 bis Mitte Januar 2020: Der FRM II steht still, weil die französischen Behörden die Fahrt eines deutschen Speziallasters zur Abholung des waffenfähigen Urans durch Frankreich untersagen. [12] Im Dezember 2019 werden 4 Brennelemente geliefert, "grenznah" habe es eine "Umladung" von einem französischen in einen deutschen LKW gegeben. [13] Seit März 2020: Ursachen: Wiederholter Austritt von radioaktivem C-14, technische Probleme, Einschränkungen durch Corona, fehlende Ersatzteile. [14] Mit einer vollständigen Wiederinbetriebnahme wird erst ab Ende 2024 gerechnet. [15] |
Meldepflichtige Ereignisse: | 23 (Stand 30.06.2024) [16] 14. Mai 2020: Austritt von radioaktivem C-14 über einen Kamin in die Atmosphäre, dadurch wurde der Jahres-Grenzwert um circa 15% überschritten. Auf der internationalen Bewertungsskala (INES) wurde der Vorfall zunächst auf Stufe 0 klassifiziert, wonach ein Vorfall maximal eine geringe sicherheitstechnische Bedeutung hätte. Im Januar 2021 räumten die Betreiber eine Neueinstufung ein und erhöhten den Wert auf Stufe 1. [17] Bereits Im November 2012 wurde der Reaktor außerplanmäßig heruntergefahren, da eine Überschreitung des Jahres-Grenzwertes für die Emission von radioaktivem C-14 drohte. [18] |
Kosten: | Baukosten 435 Mio. Euro, jährliche Betriebskosten 55 Mio. Euro [1] Die Gesamtkosten für die bis 2015 beschafften Brennelemente betrugen 39,5 Mio. Euro, für Entwicklung und Herstellung der Behälter wird mit ca. 23,7 Mio. Euro und für die Zwischenlagerung bis Ende 2036 mit ca. 5,6 Mio. Euro gerechnet. [19] Das MLZ wird gemeinsam finanziert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung, das Bayerische Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst sowie Partner der Kooperation. [2] Drittmittel aus der Industrie ca. 1,1 Mio. Euro/Jahr [1] |
Stilllegung |
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Befristung: | Keine Befristung, der Betrieb soll noch mehrere Jahrzehnte, mindestens bis 2045 weiter gehen. [20] |
Rückbauabfälle: | Geschätzt 150 t radioaktiver Abfall, die Rückbauabfälle sollen am Standort zwischengelagert werden. [21] |
Rückbaukosten: | Da der Rückbau in der Zukunft liegt, ist nur eine grobe Kostenschätzung möglich, ca. 200-300 Mio. Euro. Die Kosten werden von der TU München getragen. [21] |
Abfälle |
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Brennelemente: | Insgesamt kommen 4 Brennelemente im Jahr und damit 32,4 kg HEU zum Einsatz. [4] |
Abklingbecken: | Das Abklingbecken verfügt über 50 Lagerpositionen für abgebrannte Brennelemente. Abklingzeit mindestens 6,5 Jahre. [22] Inventar (31.12.2022): [23]
19 Brennelemente haben den Zielabbrand von 1.200 MWd/t Uran erreicht, 13 Brennelemente den Abbrand von 1.040 MWd/t Uran oder darüber. 17 Brennelemente haben die erforderliche Mindestabklingzeit, die einen Transport erlauben würde. (Stand 12.05.2015, von den restlichen 4 BE gibt es keine Zahlen). [19] |
Betriebsabfälle: | Vor allem aktivierter Metallschrott. Pro Jahr fallen im Durchschnitt ca. 300 kg Stahl und Schwermetalle und 340 kg Aluminium und Leichtmetalle an. Reststoffe, z. B. Regelstäbe, werden unter Wasser zerlegt sowie in einer Heißen Zelle zerkleinert. Ionenaustauscher-Harze aus der Reinigung von Leicht- und Schwerwasser werden im Austragbehälter bzw. Mischbettfilter getrocknet und in Fässern verpackt. Das zu entsorgende Schwerwasser wird zur externen Aufbereitung abgegeben, die eine vollständige Wiederverwertung als Schwerwasser bzw. Tritium für den Bedarf in der Forschung ermöglicht. [24] |
Zwischenlager für Betriebsabfälle (Stand 31.12.2022): | Genehmigung nach §7 AtG, Volumen 100 m³, Lager 1 für unbehandelte Abfälle, Lager 2 für konditionierte Abfälle Rohabfälle und vorbehandelte Abfälle: [23]
Abfälle in Endlagergebinden:
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Verbringung der Abfälle: |
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Transporte |
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nach Garching: | Unbestrahlte Brennelemente aus Frankreich, Schwerwasser in 200-l-Fässern, konditionierte Betriebsabfälle |
von Garching: | Bestrahlte Brennelemente, schwach- und mittelradioaktive Abfälle zur Konditionierung |
Gleisanschluss: | nicht vorhanden |
Adressen | |
Betreiber: | Technische Universität München |
Behörden: | Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV) |
KritikerInnen: | Umweltinstitut München e.V. |
Quellen[1] Heinz-Mayer-Leibniz Zentrum: Über uns: Zahlen und Fakten, abgerufen 25.07.2024 [2] Heinz-Mayer-Leibniz Zentrum: Über uns, abgerufen 25.07.2024 [4] Umweltinstitut München: Die außenpolitische Bedeutung des neuen Forschungsreaktors. Mai 1999 [5] TUM: FRM II - Industrie und Medizin, abgerufen 19.11.2023 [7] TU München: Betrieb des FRM II mit niedrig angereichertem Uran möglich, Pressemitteilung 25.11.2022 [8] TU München: Politik unterstützt Umrüstung auf niedrig angereichertes Uran. 28.02.2023 [9] Klage gegen Betrieb von Forschungs-Reaktor, Forschung und Lehre 04.06.2020 [10] Forschungsreaktor darf weiterlaufen, Forschung und Lehre 19.06.2024 [11] Umweltinstitut München: Waffenfähiges Uran für die Forschung nein Danke, abgerufen 24.02.2023 [12] Frankreich stellt sich bei Uran-Beschaffung quer, sueddeutsche.de, Michael Bauchmüller, 13.06.2019 [13] Süddeutsche: Forschungsreaktor läuft wieder: Brennelemente umgeladen, 15.01.2020 [14] Wikipedia: Forschungs-Neutronenquelle Heinz Maier-Leibnitz, abgerufen 27.02.2023 [15] Komittee Forschung mit Neutronen: Brief an den Bundesforschungsminister, 27.01.2023 [16] base.bund.de: Forschungsreaktoren in Deutschland: Meldepflichtige Ereignisse seit Inbetriebnahme [17] Radioaktivität aus Forschungsreaktor ausgetreten. Süddeutsche.de, 16.05.2020 [18] Erhöhte radioaktive Werte: Reaktor abgeschaltet, Münchner Merkur, 21.12.2012 [26] BGZ / FRM II: Entsorgung der FRM II-Brennelemente, nicht datiert [27] base.bund.de: Zwischenlager Ahaus, abgerufen 18.11.2023 [28] BGZ.de: Genehmigungsverfahren Ahaus: CASTOR® MTR3 erhält verkehrsrechtliche Zulassung, 31.01.2019 [29] bgz.de: Aufbewahrung von Forschungsreaktor-Brennelementen im Zwischenlager Ahaus, abgerufen 27.02.2023 |