Bis 1996 wurden die verbrauchten Brennelemente der finnischen AKWs zur Wiederaufbereitung nach Russland transportiert. 1994 hatte aber das finnische Parlament den Ex- und Import von Atommüll sowie die Wiederaufbereitung bestrahlter Brennelemente im Ausland untersagt. Derzeit lagern die hoch radioaktiven Abfälle an den Atomkraftwerksstandorten Olkiluoto und Loviisa. Dort müssen sie jeweils 50 Jahre abkühlen, ehe sie endgelagert werden können. [1]
Atomenergienutzung
In Betrieb: 5 Reaktoren [2]
- Loviisa: 2 Druckwasserreaktoren sowjetischer Bauart, je 507 MWe, Inbetriebnahme 1977 und 1980, Betreiber Fortum Power and Heat Oy (Fortum) (50,8% Staatsbesitz)
- Olkiluoto: 2 Siedewasserreaktoren schwedischer Bauart, je 890 MWe, Inbetriebnahme 1978 und 1980, 1 EPR-Druckwasserreaktor, Inbetriebnahme April 2023, Betreiber Teollisuuden Voima Oyi (TVO)
- Der Bau des Reaktors Olkiluoto 3 war mit erheblichen technischen Problemen verbunden. Zuletzt waren nach einem Testbetrieb im Herbst 2022 alle vier Speisewasserpumpen des Reaktors beschädigt und mussten ersetzt werden, Baubeginn für Olkiluoto 3 war August 2005. Statt wie geplant 2009 nahm der Reaktor erst im April 2023 seinen kommerziellen Betrieb auf. Statt 3 Mrd. Euro kostete der Bau 10 Mrd. Euro. [3]
Im Mai 2023 wurde die Stromproduktion im AKW Olkiluoto bereits wieder gedrosselt da die Strompreise an der Börse zu niedrig für einen rentablen Betrieb waren. Eigentlich sollen die Wasserkraftwerke in diesem Fall ihre Produktion reduzieren. Das war aber aufgrund des Hochwassers nicht möglich. [4]
In Bau oder Planung: keine
Der Bauantrag für ein weiteres Atomkraftwerk in Pyhäjoki (Hanhikivi 1) wurde am 24.05.2022 zurückgezogen. [5]
Am 16.02.2023 hat die finnische Regierung eine Laufzeitverlängerung für die beiden Blöcke in Loviisa beschlossen. Eigentlich sollten die Blöcke 2027 bzw. 2030 stilleglegt werden, nun dürfen sie bis Ende 2050 weiterlaufen. [6] Bereits im 2018 wurde die Laufzeit von Olkiluoto 1 und 2 ebenfalls um 20 Jahre von 2018 auf 2038 verlängert. [7]
Forschungsreaktor: FiR 1, Betreiber VTT Technical Research Centre of Finland, im Rückbau
Akteure der Endlagerung
Posiva Oy: Atommüll-Entsorgungsgesellschaft, gegründet 1995. [7]
Gesellschafter: Die beiden Atomkraftwerksbetreiber Teollisuuden Voima Oyi (TVO) und Fortum Power and Heat Oy (Fortum)
Beschäftigte: Ca. 90 [8]
Weiterer Akteur: Das Säteilyturvakeskus Strålsäkerhetscentralen – STUK ist die Behörde für Strahlenschutz und nukleare Sicherheit, die zuständig ist für alle kerntechnischen und nicht-nuklearen radioaktiven Genehmigungsinhaber; die regulatorische Kontrolle von Kernkraftwerken, radioaktivem Abfall und radioaktiven Materialien, Transport von radioaktiven Substanzen, Notfallplänen und Sicherheitsmaßnahmen. Das STUK untersteht dem Ministerium für Gesundheit.
Finanzierung
Die Betreiber sind selbst für die Aktivitäten verantwortlich. Sie müssen ihre Beiträge in einen vom staatlichen Haushalt separierten staatlichen Fonds einzahlen. Eine detaillierte Beschreibung der Regularien des Fonds und des Fondsvermögens gibt es hier
Sehr schwach radioaktive Abfälle
Seit 2018 wird der sehr gering strahlende Abfall in Zwischenlagern gelagert um ihn später ggfs. oberflächennah zu deponieren Bis dahin wurde er in einer Mülldeponie von TVO und im Silo für schwachradioaktive Abfälle von Fortum eingelagert. [9]
Schwach- und mittelradioaktive Abfälle
Die schwach- und mittelradioaktiven Betriebsabfälle werden seit den 1990er Jahren an den Standorten der Atomkraftwerke in Olkiluoto und Loviisa endgelagert [5] Beide Lager müssen bereits für die anfallenden Betriebsabfälle vergrößert werden, erst recht für die späteren Abrissabfälle. [9]
Am 31.12.2019 befanden sich 6.542 m³ schwachradioaktiver Abfälle in den Endlagern, 1.691 m³ wurden zwischengelagert. An mittelradioaktiven Abfällen befanden sich 2.117 m³ in Endlagern, 1.970 m³ wurden zwischengelagert. [9]
Die schwachradioaktiven Abfälle werden in Stahlfässer gepackt, in Oliluoto zusätzlich vor der Endlagerung in Container. Die finnische Regierung schreibt dazu in ihrem Nationalen Entsorgungsprogramm: "The treatment of low-level waste does not require any special radiation protection arrangements." [9]
Der feuchte bzw. flüssige mittelradioaktive Abfall wird in Olkiluoto in Stahlfässern mit Bitumen verfestigt, in Loviisa zementiert. In Olkiluoto 3 sollen die Ionenaustauscher zusammen mit den Verdampferkonzentrate direkt in den Stahlfässern mittels Vakuumtrocknung getrocknet werden.
LOVIISA
Tiefe: ca. 60-100 Meter
Wirtsgestein: Tonalit und Glimmergneis
Betreiber: Fortum Power and Heat Oy (Fortum)
Inbetriebnahme: 1998.
Anlage: Mehrere Lagertunnel
Kapazität: Der Lagertunnel HTJ1 ist zu 100%, Lagertunnel HTJ 2 zu 61% gefüllt (Stand 2019). Der Lagertunnel für die verfestigten Abfälle ist zu 16% gefüllt. Die Einlagerung von mittelradioaktiven Abfällen wurde 2019 aufgenommen.
In der Anlage befindet sich noch ein Lagertunnel für die Langzeitzwischenlagerung von Wartungsabfällen. Der Rückbauabfall aus dem Forschungsreaktor soll in später ebenfalls in Loviisa endgelagert werden.
OLKILUOTO
Tiefe: 120 Meter
Wirtsgestein: Granit
Betreiber: Teollisuuden Voima Oyi (TVO)
Inbetriebnahme: 1992.
Anlage: Zwei separate Silos für die schwach- und für die mittelradioaktiven Abfälle.
Kapazität: Der Silo für die schwachradioaktiven Abfälle ist zu 65% für die mittelradioaktiven Abfälle zu 57% gefüllt (Stand 2019). Das Lager ist derzeit nicht große genug für die Lagerung aller Betriebs- und für späteren Abrissabfälle und muss erweitert werden. In dem Lager befindet sich zudem ein staatliches Zwischenlager für Abfälle aus der Industrie und Medizin.
Hochradioaktive Abfälle
ONKALO
Standortauswahl: "Im Jahr 1986 trat das Unternehmen [TVO] an 66 möglicherweise geeignete Gemeinden heran, um ein Gefühl für die lokale Akzeptanz zu entwickeln. Ein Jahr später kam auch die Gemeinde Eurajoki auf die Kandidatenliste, ohne zuvor an dem systematischen Auswahl- und Ausschlussverfahren teilgenommen zu haben. TVO erklärte dies vor allem mit der Möglichkeit, durch die Nähe zu den zwei Reaktoren in Olkiluoto die Atommülltransporte zu minimieren. Nun begann in fünf Gemeinden die vorläufige Standortbeschreibung. Das rief vor Ort Widerstände hervor, woraufhin das Unternehmen seinen Beziehungen zu den Betroffenen mehr Aufmerksamkeit widmete." [10]
Im Jahr 2000 stimmte der Gemeinderat Eurajoki mit 20:7 Stimmen für ein Endlager in Olkiluoto. Diese Entscheidung wurde durch die STUK, das nationale Parlament und in einer landesweiten Entscheidung bestätigt. In Finnland haben die Gemeinden ein Vetorecht. Eurajoki ist ökonomisch von TVO abhängig, die Grundsteuer und umfangreiches Sponsoring von TVO haben zum Wohlstand der Gemeinde wesentlich beigetragen. Zudem "hatte die lokale Gesellschaft eine fast symbiotische Beziehung zur Atomindustrie entwickelt – die Einwohnerinnen und Einwohner waren sogar stolz, dass sie auch ein Endlager bekommen sollten." [10]
Lage: Auf der Halbinsel Olkiluoto in der Gemeinde Eurajoki, in der sich bereits das Atomkraftwerk und ein Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle befindet.
Tiefe: 400 - 500 Meter
Gestein: Kristallines Wirtsgestein
Genehmigungsverfahren: 2015 Errichtungsgenehmigung, 30.12.2021 Einreichung des Antrages auf Betriebsgenehmigung.
Erster Funktionstest: Derzeit geplant ab Februar 2024 [11]
Geplante Inbetriebnahme: Mitte der 2020er Jahre [5]
Kapazität: Onkalo soll alle hochradioaktiven Abfälle Finnlands aufnehmen
Konzept: Die hochradioaktiven Abfälle sollen in Kupferbehältern eingelagert und die Lagerkammern mit Bentonit verschlossen werden. Die schwedische Debatte um die Korrosionsprobleme der Kupferbehälter spielte in der finnischen Öffentlichkeit kaum eine Rolle. [10]
Stilllegung: Beantragte Betriebszeit 100 Jahre
Quellen
[1] Rebecca Libermann: Finnland baut sein erstes atomares Endlager, this is finland, September 2011
[2] IAEA: PRIS, Country Statistics - Finland, abgerufen 16.09.0223
[5] Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung: Endlager in Finnland, Stand 11.09.2022
[7] Nuklearforum Schweiz: Laufzeitverlängerung für Olkiluoto-1 und -2
[8] Povisa: Annual Report 2022
[10] Markku Lethonen: Das Wunder von Okalo? Aus Politik und Zeitgeschichte, 20.05.2021
[11] Posiva: Drilling of first test deposition holes by Posiva itself completed, 21.02.2023