Kosten

Hintergrund

Die finanziellen Lasten für die sichere Verwahrung der radioaktiven Abfälle sind derzeit nicht belastbar zu beziffern. So lange es kein technisch-naturwissenschaftliches Konzept gibt, wie und wo die radioaktiven Abfälle dauerhaft sicher gelagert werden können, können die Kosten der Endlagerung auch nicht abgeschätzt werden. Die Erfahrung zeigt zudem: Alle finanziellen Prognosen der Atomwirtschaft müssen laufend nach oben korrigiert werden. Die finanziellen Risiken sind hoch.

Vor diesem Hintergrund haben die Atomkraftwerksbetreiber 2017 erreicht, dass sie nur noch für den Nach- und Restbetrieb und den Rückbau der Atomkraftwerke bis zur Verpackung der radioaktiven Abfälle und ihrer Ablieferung bei einem Endlager oder einem Zwischenlager, das von einem vom Bund beauftragten Dritten betrieben wird, finanziell verantwortlich sind. Alle finanziellen Risiken der weiteren Zwischenlagerung, Konditionierung, Transporte zwischen Lagern und Endlagerung konnten sie gegen Zahlung von pauschal 24,1 Mrd. Euro auf den Staat übertragen. Damit knüpft die Atomwirtschaft an die jahrzehntelange Praxis an, die öffentliche Hand für Forschungen, Haftungsrisiken, gescheiterte Projekte und Altlasten der Atomindustrie bezahlen zu lassen. 

16. Novelle des Atomgesetzes - Entschädigung für RWE und Vattenfall

Am 28. Juni 2018 hat der Bundestag eine Novellierung des Atomgesetzes beschlossen, die RWE und Vattenfall eine Kompensation für Strommengen der AKW Mülheim-Kärlich und Krümmel zugesteht. Notwendig wurde die Novelle durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes. Es hatte den Atomausstieg zwar im Prinzip für verfassungskonform erklärt, wegen der beiden Sonderfälle jedoch eine Ungleichbehandlung der beiden Unternehmen zu den anderen Atomkonzernen festgestellt. Es gab Kritik an der Novelle, u.a. an der vom Gericht nicht vorgesehenen Einbeziehung des AKW Brunsbüttel in die Entschädigungsregelungen.

Am 28. Juni 2018 der Bundestag eine Novellierung des Atomgesetzes beschlossen, die Entschädigungsregelungen infolge des Atomausstiegs bis zum 31.12.2022 beinhält. Notwendig geworden war diese Novelle nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes über die Klagen von RWE Power AG und Vattenfall Europe Nuclear Energy GmbH. Am 6. Dezember 2016 urteilte das Bundesverfassungsgericht, dass die Abschaltung der Atomkraftwerke in Deutschland bis spätestens 31.12.2022 mit dem Grundgesetz vereinbar ist. 

Das Bundesverfassungsgericht urteilte u.a.: Die entschädigungslose Zurücknahme der Laufzeitverlängerung von Ende 2010 ist angesichts des mehrfach eingeschränkten Vertrauens in den Erhalt der Zusatzstrommengen verfassungsgemäß. Eine Enteignung nach Art. 4 Abs 3 Grundgesetz setzt den Entzug des Eigentums durch Änderung der Eigentumszuordnung und stets auch eine Güterbeschaffung voraus. An öffentlich-rechtlichen Genehmigungen besteht grundsätzlich kein Eigentum.

Lediglich in zwei Punkten gab das Gericht den Klägern recht:

1. Die Kläger haben Anspruch auf Entschädigung für diejenigen Investitionen, die sie zwischen der Laufzeitverlängerung am 26.10.2010 und dem Moratorium am 16.03.2011 getätigt haben, die aufgrund der erneuten Laufzeitverkürzung wertlos geworden sind.

Der Entwurf für die 16. Novelle des Atomgesetzes sieht eine solche Entschädigungsmöglichkeit vor. Allerdings konnten die Kläger schon in der Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht keine Investitionen in diesem Zeitraum belegen, die zu einem solchen Entschädigungsanspruch führen würden. 

2. Die Kläger haben Anspruch auf Ausgleich für diejenigen Stromkontingente, die ihnen in der Atomgesetznovelle 2002 zugestanden worden waren, die sie aufgrund der Regelungen von 2011 konzernintern nicht mehr verstromen können und die zu einer eklatanten Ungleichbehandlung mit den anderen Konzernen führen. Konkret betrifft dies die Sonderfälle Mülheim-Kärlich (RWE) und Krümmel (Vattenfall). Dabei stellte es das Gericht der Bundesregierung anheim, diesen Ausgleich entweder durch eine begrenzte, konzerninterne Laufzeitverlängerung, durch eine Weiterverkaufsmöglichkeit an andere Atomkonzerne oder durch eine Entschädigung vorzunehmen.

Die Atomgesetznovelle sieht nun vor, dass RWE und Vattenfall sich umgehend bemühen müssen, die entsprechenden Stromkontingente zu veräußern. Sollte ihnen dies nicht gelingen, können sie für die AKW Brunsbüttel, Krümmel und Mülheim-Kärlich mit Ablauf des 31.12.2022 Entschädigungen für nicht erzeugte Strommengen verlangen.

Kritik 

Am 13.06.2018 fand im Umweltausschuss des Deutschen Bundestages eine Anhörung zur 16. AtG-Novelle statt. Dabei wurde folgende Kritik geäußert:

Die Entschädigungsregelungen für die Stromkontingente sind zu hoch bemessen. 

 
AKW Urteil BVerfG Vorhandene Strommengen Entschädigungsfähig
nach AtG-Novelle
Mülheim-Kärlich 36.000 - 42.000      57.267 107.250
Brunsbüttel -----      11.000 31.780
Krümmel 46.000      88.245 79.110

Das Bundesverfassungsgericht hat die zu berücksichtigende Strommenge auf ca. 88.000 GWh begrenzt. Dieser Betrag sollte in das Gesetz eingefügt werden, damit klar ist, dass es keine darüber hinaus gehenden Ansprüche geben kann.

Die Einbeziehung des AKW Brunsbüttel ist vom BVerfG-Urteil nicht vorgeschrieben.

Das AKW Brunsbüttel spielt in der Argumentation des BVerfG keine Rolle. Brunsbüttel ging bereits 1977 ans Netz und hatte 2011 bereits 32 Jahre Laufzeit überschritten. Deshalb sollte das AKW Brunsbüttel aus der AtG-Novelle herausgestrichen werden.

Eine Strommengenverkauf an andere Energiekonzerne würde zu längeren Laufzeiten führen.

Anstatt die Atomgesetz-Novelle dazu zu nutzen, die sieben noch in Betrieb befindlichen AKW jetzt stillzulegen, werden RWE und Vattenfall dazu angehalten, ihre überschüssigen Stromkontingente an die anderen Betreiber zu verkaufen. Damit würden deren AKW unter Umständen länger in Betrieb sein können. Dies ist aufgrund des damit einhergehenden Risikos, der Erhöhung der Atommüllmengen und der Verzögerung des Umstiegs auf erneuerbare Energien abzulehnen. 

Quellen:

Bundesverfassungsgericht: Urteil des ersten Senats vom 6. Dezember 2016, 1 BvR 2821/11, 1 BvR 321/12, 1 BvR 1456/12

Deutscher Bundestag: Gesetzentwurf der Bundesregierung "Entwurf eine 16. Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes (16AtGÄndG), Bearbeitungsstand 08.05.2018

Stellungnahme von Thorben Becker (BUND) für die Öffentliche Anhörung des Umweltausschusses zur 16. Änderung des Atomgesetzes am Mittwoch, 13.06.2018

Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland: Forderungen des BUND zur 16. Atomgesetz-Novelle, 16.05.2018

www.ausgestrahlt.de: Netzverstopfer! - Leitungs frei für Erneuerbare abgerufen am 25.08.2021