Brennelement-Typen

Die Diskussion um die Laufzeitverlängerung deutscher Atomkraftwerke rückte die Unterschiede und die Versorgungslage verschiedener Brennelementtypen in den Focus der Debatte. In diesem Artikel werden die unterschiedlichen Typen von Brennelementen dargestellt.

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Reaktortypen

Brennelemente für Druckwasser-Reaktoren: Das einzelne Brennelement eines Druckwasserreaktors besteht aus einem Bündel einzelner Brennstäbe sowie aus der Brennelement-Struktur- Diese Struktur besteht wiederum aus Führungsrohren für die von oben eingeführten Steuerstäbe, Abstandshalter, Kopf und Fuß. Der Kernbrennstoff im Brennstab besteht meist aus kleinen kugelförmigen Pellets aus Urandioxid oder einem Mischoxid aus Urandioxid und Plutoniumdioxid. Die einzelnen Brennstäbe sind in einem Hüllrohr, das Teil des Barrierenkonzepts zur Rückhaltung der radioaktiven Stoffe ist. In den Führungsrohren befinden sich die Steuerelemente (meist Cadmium- oder Borverbindungen), die im Betrieb zur Regelung sowie bei Störfällen in den Reaktorkern einfallen, um die Leistung des Reaktors abzusenken bzw. diesen in kurzer Zeit abzuschalten. [1] [2]

Beispiel für die Zusammensetzung der Brennelemente eines 1.300 MW-Druckwasserreaktors:

  • Brennelemente im Reaktor: 193 [3]
  • Anzahl der Brennstäbe je Brennelement: 236 [3]
  • Brennstablänge: 3,9 m [3]
  • Brennstabdicke 10,75 mm [3]
  • Urangehalt pro Brennelemente ca. 530 kg [4]
  • gesamtes Brennstofgewicht: 103 t [5] 
  • Jährlicher Brennelement-Wechsel: ca. 40 Stück [5]

Brennelemente für WWER-Reaktoren: Unter WWER-Reaktoren werden Druckwasserreaktoren russischer Bauart zusammengefasst. Auch sei werden - wie die Druckwasserreaktoren westlicher Bauart - wassermoderiert und wassergekühlt. Die Brennelemente unterscheiden sich in ihrer Bauart im Wesentlichen dadurch, dass sie nicht quadratisch, sondern hexagonal geformt sind.

Zusammensetzung der Brennelemente eines WWER-1000: [6]

  • Brennelemente im Reaktor: 151 bzw. 163 
  • Anzahl der Brennstäbet je Brennelement: 312 bzw. 331
  • Brennstabdicke 9,1 mm 
  • Uranbeladung gesamt 66 t

Brennelemente für Siedewasser-Reaktoren: Das Brennelement eines Siedewasserreaktors besteht aus einem Bündel einzelner Brennstäbe. Ein das Brennelement umschließender Kasten aus Zirkalloy bildet den Kühlkanal. Die Kästen von jeweils mehreren Brennelementen bilden den Führungskanal für einen von unten kommenden Steuerstab mit kreuzförmigem Querschnitt. Anders als beim Druckwasserreaktor können die Steuerstäbe, die u.a. für eine Schnellabschaltung im Störfall sorgen, aus technischen Gründen nur von unten eingeführt werden. [2]

Zusammensetzung der Brennelemente eines Siedewasserreaktors der Baulinie 72 (Gundremmingen B und C):: [7]

  • Brennelemente im Reaktor: 784
  • Anzahl der Brennstäbe je Brennelement: 100
  • Urangehalt pro Brennelemente ca. 174 g

Brennelemente für Druckröhren-Reaktoren: Der kanadische CANDU-Schwerwasser-Reaktor und der russische RBMK-Reaktor (Tschernobyl-Typ) sind Druckröhrenreaktoren. Die einzelnen Brennelemente aus mehreren Brennstäben befinden sich nicht gemeinsam im Reaktordruckbehälter sondern in horizontalen Druckröhren. Das Kühlmittel berfindet sich in den Druckröhren, der Moderator außerhalb. Der RBMK ist ein Siedewasserreaktor mit leichtem Wasser als Kühlmittel und Graphit als Moderater. Der Candu-Reaktor ist ein Druckwasserreaktor mit schwerem Wassser als Kühlmittel und Moderator. In Deutschland kam die Druckröhrentechnologie nur im AKW Niederaichbach zum Einsatz. [8]

In jedem Rohr sind mehrere, im Durchschnitt kreisrunde Brennelemente hintereinander angeordnet. Die Brennelemente können einzeln während des laufenden Betriebs gewechselt werden. Dies macht es grundsätzlich möglich, bei laufender Stromerzeugung Brennelemente schon nach kurzer Verweildauer auszuwechseln und daraus relativ reines, auch für Kernwaffen geeignetes Plutonium239 zu gewinnen. [8]

Zusammensetzung der Brennstäbe

Alle bisher beschriebenen Reaktortypen können mit Brennstäben aus Urandioxid, aus Uran-Plutonium-Mischoxid und aus wiederaufgearbeitetem Uran betrieben werden. Die CANDU-Reaktoren zusätzlich aus Mischungen mit Thorium auf Uran- oder Plutoniumbasis. 

Urandioxid-Brennelemente: Das Uran für reine Urandioxid-Brennelemente wird auf 3-4,5 Prozent Uran235 angereichert. Die gepressten und zu eienr Keramik gesinterten Tabletten werden in einem Brennestab gasdicht eingeschlossen. 

MOX-Brennelemente: MOX-Brennelemente enthalten gegenüber den herkömmlich in AKW eingesetzten Uran-Brennelementen neben Uran bis zu 3,5 % Plutonium aus der Wiederaufarbeitung. Durch den Einsatz von Plutonium in Atomkraftwerken steigen die Risiken beim Transport von Brennelementen und bei der Handhabung generell. Bei schweren Unfällen kann in größerem Maße Plutonium freigesetzt werden. Aus physikalischen Gründen reduziert der Einsatz von MOX-Brennstoff die Wirksamkeit der Steuerstäbe, macht den Reaktor instabiler und erhöht das Risiko, dass ein Unfall zur Katastrophe wird. Im kalten Zustand sind höhere Borsäure-Konzentrationen im Kühlwasser erforderlich, um den Reaktor unkritisch zu halten. Beim Abbrand von MOX-Brennelementen entsteht höhere Strahlung, etwa das 10-fache an langlebigen radioaktiven Transuranen, als bei Uran-Brennelementen und eine höhere Nachzerfallswärme. Das heißt: diese Brennelemente müssen nach Gebrauch länger zwischengelagert werden, bis sie eine Temperatur erreicht haben, bei der die Lagerung in tiefen geologischen Formationen überhaupt denkbar ist. [9]

ERU-Brennelemente = WAU-Brennelemente (enriched reprocessed uranium = wiederaufgearbeitetes Uran): Sie werden aus einer Mischung von Uran aus der Wiederaufarbeitung in La Hague und höher angereichertem Uran aus russischen, zum Teil militärischen Beständen hergestellt. Der Anteil von Uran-235 liegt in der Regel um 0,3 Prozent höher als bei einem Brennelement aus Natururan. Der Umgang mit Wiederaufarbeitungsuran ist komplizierter und aus Strahlenschutzgründen viel aufwändiger als die Verarbeitung von Natururan. Wiederaufarbeitungsuran enthält je nach Abbrand und Reaktortyp Verunreinigungen (u.a. Spuren von Plutonium) und verschiedene Anteile von anderen Uranisotopen (U-232, U-233, U-234, U-236, U-237). U-234 und U-236 verschlechtern den Abbrand. Dies erfordert eine höhere Konzentration von U-235 für die gleiche Abbrandleistung wie bei angereichertem Natururan. U-232 und U-236 und ihre Zerfallsprodukte erfordern wegen erhöhter direkter Strahlenbelastung zusätzliche Schutzmaßnahmen. [10]

Uran-Hochabbrand-Brennelemente: Sie enthalten mehr spaltbares Uran (höhere Anfangsanreicherung von 3,5 % - 4,5 % Uran-235). Dadurch werden höhere Abbrände erzielt und die Brennelemente können länger im Reaktor verbleiben. Allerdings wird dabei der Atomreaktor näher an die Grenze der Belastbarkeit gefahren. Die metallenen Hüllrohre für die Brennelemente sind höherem Druck ausgesetzt, es ist mit schnellerem Hüllrohr-Versagen zu rechnen. Der höhere Abbrand führt zu einer höheren Nachzerfallswärmeleistung. Das heißt: diese Brennelemente müssen, wie die MOX-Brennelemente, nach Gebrauch länger als andere Uran-Brennelemente zwischengelagert werden, bis sie eine Temperatur erreicht haben, bei der die Lagerung in tiefen geologischen Formationen überhaupt denkbar ist. [1]

Sonderfälle

Brennelemente für Brutreaktoren: In einem Brutreaktor wird neben Energie neuer Kernbrennstoff erzeugt. Dieser Prozess kann entweder in einem Thermischen Brüter mit Thorium oder einem Schnellen Brüter mit schnellen Neutronen erzeugt wreden. Das Brennelement eines Schnellen Brüters besteht aus einem Bündel einzelner Brennstäbe aus einem Uran-Plutonium-Mischoxid. Verwendet wird Uran235 oder Uran239. Durch den Brutprozess wird aus dem ebenfalls enthaltenen abgereicherten Uran238 Plutonium239 „erbrütet“. [11]

Brennelemente für Hochtemperatur-Reaktoren: Das Brennelement eines Hochtemperaturreaktors hat in der Regel die Form einer 6 cm großen und 200g schweren Kugel. Die Brennelementkugel besteht aus 10.000 - 40.000 0,4 mm großen Uran-Thorium-Oxid-Kügelchen mit einer Leistung von ca. 0,2 Watt pro Kügelchen. Jedes Kügelchen ist für sich mit einer keramischen Barriere umhüllt. [12][2]

Die Dicke der Hüllschichten liegt bei unter 0,1 mm, was im Dauerbetrieb schon bei Temperaturen um 800 °C Spaltproduktfreisetzung durch Diffusion zu einem Problem werden lässt. Ein weiteres Problem ist die Bildung hochtoxischer Stäube durch den Abrieb der Brennelementkugeln. Beim sogenannten Kugelhaufenreaktor können die Brennelementkugeln während des laufenden Betriebs von oben beschickt und unten entnommen werden. Dies führte in der Realität häufig zu Verstopfung und Kugelbruch. In Großbritannien, Japan und den USA wurden prismatische Brennelemente verwendet. [13]

Brennelemente für Forschungsreaktoren

Aufgrund der Vielfältigkeit des eingesetzten Brennstoffs für Forschungsreaktoren wird hier nur auf die sechs noch in Deutschland in Betrieb befindlichen Forschungs- und Unterrichtsreaktoren eingegangen: [14]

Schwimmbadreaktor FRM-II Garching: Kompaktbrennelement (Hohlzylinder) mit bis zu 93 Prozent spaltbaren, atomwaffenfähigem Uran235

Schwimmbadreaktor TRIGA Mainz: Brennelemente, die aus einer homogenen Mischung aus Brennstoff (Uran) und Moderator (Zirkonhydrid) bestehen

Ausbildungsreaktor AKR Dresden sowie Siemens Unterrichtsreaktoren in Stuttgart, Furtwangen und Ulm: Feststoffmoderierte Nullleistungsreaktoren. Die Brennstoffplatten bestehen aus einer homogenen Mischung aus niedrig angereichtem Uranoxid (Anreicherung < 20 % U-235) und Polyäthylen als Moderatormaterial. [15]

Quellen

[1] RSK – EMPFEHLUNG: „Auswirkung fortgeschrittener Kernbeladungen auf das Reaktivitätsverhalten des Reaktorkerns und seiner Reaktivitätsstellglieder, 10.08.2006 (394. Sitzung)

[2] Wikipedia.de: Brennelement, Stand 22.10.2022

[3] E.ON Kernkraft: Grohnde - Technische Daten, abgerufen 22.04.2023 über webarchive.org

[4] Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz: Die Versorgung im Brennstoffkreislauf, abgerufen 14.04.2023

[5] E.ON Kernkraft: Grafenrheinfeld - Technische Daten, abgerufen 22.04.2023 über webarchive.org

[6] Wikipedia.de: WWER, Stand 18.04.2032

[7] Wikipedia.de: Kernkraftwerk Gundremmingen, Stand 15.04.2023

[8] Wikipedia.de: Druckröhrenreaktor, Stamd 31.07.2022

[9] Contratom: „Gefahr MOX-Brennelemente“

[10] Greenpeace Schweiz: „Recycling von Wiederaufarbeitungsuran?“ Zürich Juni 2009

[11] Wikipedia.de: Brutreaktoren, Stand 12.02.2023

[12] Dorothea Schubert: Kugelhaufenreaktoren Desaster oder Zukunftsoption? Das Fallbeispiel des AVR Jülich, BUND-Hintergrund, Mai 2009

[13] Rainer Moormann: AVR prototype pebble bed reactor:a safety re-evaluation of its operation and consequences for future reactors in: Kerntechnik 74 (2009) 1-2

[14] Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung: Forschungsreaktoren, Stand 20.12.2022

[15] Frank Klein: Konditionierung von Brennstoffplatten aus Siemens-Unterrichtsreaktoren Verfahrensentwicklung und -anwendung, in atw 45. Jg. (2009) Heft 4, S. 242 ff.